Kommentar FC Bayern München: Jetzt erstmal gesundschrumpfen

Nach Guardiola muss auch Ancelotti gehen. Jetzt können die Bayern auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Der Verein braucht keinen Welttrainer.

Carlo Ancelotti (l) kommt am 28.09.2017 in München (Bayern) am Trainingsgelände an der Säbener Straße an.

Das war's: Carlo Ancelotti, hier noch als Bayern-Trainer am Donnerstag in München Foto: dpa

Ein Jahr Ancelotti, und die Münchner sind so schlau wie vorher. Und der FC Bayern verabschiedet schon den zweiten Trainer in Folge, der dem Verein fremd geblieben ist. Pep Guardiola blieb der entrückte Mönch auf dem Berg, bewundert, beweihräuchert, aber auch ewig selbstzentriert, verstanden hat man einander nie. Guardiola und Ancelotti, beides ein Kommunikationsproblem.

Guardiola wurde überschätzt, Ancelotti unterschätzt. Man nannte ihn den „italienischen Bauernsohn“, als wäre das ein Versprechen auf Bodenständigkeit, als wäre dieser mehrfache Champions-League-Sieger, von dem es ständig hieß, er esse gern und er könne gut mit Spielern, einer, der sich jetzt mal auf den Acker setzt und wieder mit den Spielern auf Augenhöhe quatscht. Das jedenfalls konnte er nicht. Das wirklich Wichtige, einen Plan, hat man nie von ihm gefordert.Und auch nicht bekommen.

Dem Italiener wird jetzt vor allem vorgeworfen, dass er kein Konzepttrainer gewesen sei. Das ist er sicher nicht, aber das muss er gar nicht sein. Zinédine Zidane oder José Mourinho sind es nicht. Die Bayern selbst spielten ihren schönsten Fußball unter dem soliden Arbeiter Jupp Heynckes, ganz unverdächtig des Konzepttrainertums.

Ancelotti scheiterte nicht, weil er kein Konzepttrainer war, sondern, weil er überhaupt wenig Konzept zu haben schien, jedenfalls keins, das er ausreichend kommunizierte. Der schleppende Umbruch der Mannschaft, die alternden Stars – all das kam dazu. Aber die aktuelle Bayern-Elf ist keine Bezirksligatruppe – sie müsste nicht mit 0:3 gegen Paris Saint-Germain verlieren. Sie verlor vor allen Dingen auf der Kommunikationsebene.

Kein Player vom Kaliber Real oder Barcelona

Die Bayern hatten sich nach dem Triumph in der Champions League in den Weiten der Welt verlaufen. Ein Weltverein, der Welttrainer anstellen sollte. Carlo Ancelotti, das war auch ein Produkt der Hybris, des Wunsches, nach Guardiola noch einen drauf zu setzen.

Aber der FC Bayern war nie ein Player vom Kaliber Real oder Barcelona. Er ist ein eher spießiges Heimatunternehmen der Hitzfelds und Heynckes, eins, dem 2013 mit Fleiß ein großer Wurf gelang. Der FC Bayern war nie Top of the Pops. Die Stärke des Vereins war, dass man das meistens wusste. Bis 2013 der Champions-League-Sieg kam und der Club sich im Nachgang aufblähte in der Sehnsucht, mega zu sein.

Jetzt darf er sich unfreiwillig gesundschrumpfen. Der Verein braucht die lange vernachlässigte Jugend, er braucht die sträflich unterschätzten Sagnols und Salihamidzics, und er braucht einen Trainer, der den Verein versteht. Das sind weder Klopp noch Tuchel. Die einzig ersichtliche Lösung heißt Nagelsmann. Sie werden auf ihn warten müssen, aber Zeit haben sie ja jetzt genug.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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