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Umbau in der SPD-FraktionDas tapfere Schneiderlein

Carsten Schneider vertritt den rechten Parteiflügel in der neuen SPD-Spitze. Schulz' Kurs bekommt mit ihm Gegenwind.

Neuer Parlamentarischer Geschäftsführer bei der SPD: Carsten Schneider Foto: dpa

Eines lässt sich der frisch gebackenen Oppositions-SPD zumindest nicht nachsagen: Dass in der Parteispitze alle gleich seien. Neben Martin Schulz als Parteichef und Andrea Nahles im Fraktionsvorsitz wurde am Mittwoch Carsten Schneider als neuer Parlamentarischer Geschäftsführer beschlossen. Der Finanzexperte aus Erfurt bestückt damit als einer der wenigen Ostdeutschen, die parteiintern Karriere gemacht haben, das sonst eher westdeutsche Aufgebot der Sozialdemokraten-Spitze.

Der 41-Jährige kommt aus dem rechten Flügel der Partei und ist Sprecher der Abgeordnetengruppe Seeheimer Kreis. Die Mitglieder sind zwar eigentlich keine Fans von Oppositionsarbeit und hätten sich Regierungsverantwortung gewünscht. Mit Schneiders Wahl konnten sie sich jedoch mit 77 Prozent der Stimmen gegen Generalsekretär Hubertus Heil durchsetzen und sehen sich nun wenigstens in der Parteispitze vertreten.

1976 in Erfurt geboren, machte Schneider nach dem Abitur eine Banklehre bei der Volksbank. Neben der Welt des Geldes interessierte sich der Sohn einer alleinerziehenden Mutter schon früh für die Sozialdemokraten. 1994 trat er den JuSos bei, ein Jahr später der SPD. Der frühe Einsatz zahlte sich aus: 1998 wurde der damals 22-Jährige als jüngster Abgeordneter seit der Gründung der Bundesrepublik in den Bundestag gewählt. Bis heute ist er Parlamentsmitglied.

Finanzexperte, Campaigner, Erfurt-Fan

Das Küken im Bundestag musste schnell dazulernen – „by doing“, sozusagen. Inhaltlich blieb er sich in seiner politischen Laufbahn treu: Er wurde Mitglied in Haushalts- und Finanzausschüssen und ist im Verwaltungsrat der KfW, sprach sich für eine Finanztransaktionssteuer aus und kritisierte die Austeritätspolitik der Troika in Athen.

Heute ist der Vater von zwei Kindern immer noch Fan des Fußballclubs Rot Weiß Erfurt und pflegt den Kontakt mit seinen Wähler*innen sowohl über soziale Netzwerke als auch offline, wie beim Tür-zu-Tür Campaigning, wo er im gerade abgeschlossenen Wahlkampf an rekordverdächtige 51.743 Türen klopfte, wie seine Partei stolz über Twitter verkündete.

In der Opposition geeint

Von 2013 bis zuletzt war er stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion. Nun soll er unter Parteichef Schulz und an der Seite der neuen Fraktionschefin Nahles die SPD durch die nächsten vier Jahre Oppositionsarbeit bringen.

Er schaue „dieser Aufgabe voller Tatendrang entgegen“, schrieb der Haushaltsexperte am Abend auf seiner Facebookseite. Ob sie den linken und rechten Flügel der Partei wohl unter einen Hut kriegen? Auch auf Twitter gibt sich das Duo geschlossen: „Wir sind ein starkes Team und nehmen die Herausforderung in der Opposition an“, heißt es dort.

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5 Kommentare

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  • 3G
    38071 (Profil gelöscht)

    Ja Carsten Schneider ist schon ein toller Typ. Er hat es bei seinen Kandidaturen geschafft einen sicheren SPD-Wahlkreis binnen 15 Jahren von 42 auf 18 Prozent herunter zu latschen. Das muss natürlich belohnt werden. In seinem Fall mit Listenplatz 1. So ist das in der SPD. Nicht Wahlen gewinnen, sondern Wahlen verlieren, sichert dort die Karierre.

     

    Die frischgewählte Fraktionsschefin ist auch so ein Fall. Die hat ausserhalb der SPD noch nicht eine einzige Wahl gewonnen, also beste Voraussetzungen um die Fraktion zu führen.

    • @38071 (Profil gelöscht):

      danke für die Zahlen :-)

      sowas nennt man wohl Underperformer.

       

      dafür ein ++

  • Na, hoffen wir, das sich das „stark[] Team“ nicht wieder heillos überschätzt. Als Zweimann-Opposition... äh – oh je, ich bitte um Entschuldigung! Noch mal von vorn: Als Zweipersonen-Opposition werden sie die Karre bestimmt nicht aus dem Dreck bekommen. Schon gar nicht, wenn sie sich nicht sehr bald von ihren Zieheltern abnabeln.

     

    So verschieden, wie die mediale Zuschreibung vermuten lässt (Nahles = „Linke“, Schneider = „Seeheimer“), sind diese „Youngsters“ schließlich nicht. Sie unterscheiden sich alle beide immer noch sehr viel mehr von den „Normalos“ an der SPD-Basis, als sie sich von einander oder von ihren gescheiterten Förderern abheben. Dafür haben ihre Selektoren nachdrücklich genug gesorgt. Der angeblich volksnahe Lebensstil (Sprachduktus, Verweis auf Fuß-Affirmation, Vaterrolle und Haustürmarathon) soll das nur übertünchen.

     

    Das Problem dabei: Eine derartige Fassaden-Malerei wird nicht mehr wirklich honoriert. Zu viele Wähler sehnen sich eingedenk neuerer Abstiegs-Erfahrungen und medialen Katastrophen-Dauerfeuers nach mehr Verlässlich- sprich: Ehrlichkeit. Vor allem deswegen, weil Menschen im Allgemeinen in Zeiten größerer Risiken gerne privat vorsorgen. Die verunsicherte SPD-Basis wird Herrn Schneider und Frau Nahles also nicht um ihrer (übrigens relativen) Jugend willen folgen, sondern nur, wenn sie beweisen, dass sie „es“ tatsächlich ernst meinen.

     

    Wie das gehen soll, wenn die beiden alles, worauf ihre Karrieren fußen, von Leuten gelernt haben, die von Ehrlichkeit keine Ahnung haben (wollen), ist mir jetzt noch ein echtes Rätsel. Aber schau'n wir mal, dann seh'n wir schon. Man soll ja niemals nie sagen.

  • die kapieren es einfach nicht - wenn ich ne rechte SPD brauche wähle ich CDU oder FDP.

     

    die SPD muss endlich wieder Politik für alle machen - d.h. linker werden.

    Mindestlohn rauf

    Leiharbeit - gleicher Lohn für gleiche Arbeit + Flexibilitätsbonus

    im Osten gleiche Löhne wie im Westen

    Harz4 Sätze rauf, nicht mehr den Leuten das gesparte zerstören, Zuverdienstgrenzen hoch

    Mittelstandsbauch bei den Steuern runter

     

    Mit so einem Programm holt man locker 80% - nur ist das halt links und nicht rechts.

     

    Wer solls bezahlen? Geldgewinne wie Lohn besteuern (Kapitalertragsteuer), Spitzensteuersatz und Einkommensgrenze rauf (heute ist man mit der Einkommensgrenze alles andere als Spitze)

  • "Schulz' Kurs bekommt mit ihm Gegenwind."

     

    Für Zickzackkurs ist Gegenwind unerheblich.