heute in hamburg
: „Elektroautos sind schwach nachhaltig“

Foto: Nilofar Neshatian

Hamed Abbaspur, 38, Dozent für Nachhaltigkeit und globales Lernen, Geschäftsführer des Eine-Welt-Netzwerks Hamburg.

taz: Herr Abbaspur, was würde mit der Welt passieren, wenn sich nichts verändert?

Hamed Abbaspur: Es gibt die Theorie, dass wir momentan die Ressourcen von mehr als einer Erde verbrauchen. Wenn es so weitergeht, wird es bis circa 2100 zu einem wirtschaftlichen Kollaps kommen. Was in der Zukunft genau passieren wird, ist nahezu unmöglich, exakt vorherzusehen. Es wird aber so oder so eine Änderung stattfinden, die wir jetzt schon aktiv mitgestalten können.

Kann man nicht auch abwarten, bis es nicht mehr funktioniert und dann weiter schauen?

Das wäre dann Agieren nach der Krise und die Folgen wären fatal. Unsere Art und Weise zu wirtschaften bringt jetzt schon viele negative Folgen für Umwelt und Gesellschaft mit sich. Insbesondere vernachlässigen wir die globale Perspektive. Unser Lebensstandard basiert auf dem globalen Reichtum, der nicht gerecht verteilt ist. Interesse für das Thema entsteht immer erst, wenn die Menschen Folgen für sich selbst absehen können.

Sollte man den Wachstum also stoppen?

Wachstum muss selektiv betrachtet werden. Im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ist es vor allem in Ländern des globalen Südens ein Ziel, zu wachsen. Die größten Chancen bestehen dort, wo sich noch keine Systeme etabliert haben. Dann müssen von Anfang an die richtigen Konzepte durchgesetzt werden. Und durch den „Konkurrenzkampf“ werden diese sich im Endeffekt auch in den westlichen Ländern durchsetzen. Trotzdem müssen die Länder des globalen Nordens ihr Wachstum auch selbstständig verringern.

Was ist dann die Lösung für unsere Gesellschaft?

Ich kann und möchte keinen Lösungsvorschlag bieten. Ich suche den Dialog, denn es muss ein Bewusstsein für das Thema geschaffen werden. Wenn gemeinsam eine Lösung gefunden wurde, muss die auch umgesetzt werden. Durch Interessenvertretung und Lobbyarbeit werden wichtige Entwicklungen heutzutage gestoppt. So freuen sich alle bei den neuen Elektro-Autos, wie umweltfreundlich wir doch sind. Aber die Herstellung der Batterien bedarf knapper Ressourcen und die Entsorgung ist nicht gerade umweltfreundlich. Deshalb ist dieses Konzept nur sehr schwach nachhaltig. Andere Konzepte wie die viel umweltfreundlicheren Wasserstoffmotoren bleiben hingegen unbeachtet.

Interview: Lisa König

Workshop „Wachstum ohne Ende?!“, 18 Uhr im Wälderhaus Hamburg