: Vom Kap der Guten
Von der südafrikanischen Stellar Winery kommen die ersten kontrolliert fair gehandelten Weine der Welt. Das ist gut fürs Gewissen. Gut für den Geschmack ist, dass diese Bioweine auch gut schmecken
VON STEPHAN REINHARDT
Für viele Menschen gibt es viele Gründe, keinen Roséwein zu trinken, geschweige denn, einen zu kaufen. Weil ein Rosé weder Fisch ist noch Fleisch (was nicht zu leugnen ist), sondern irgendetwas dazwischen (nun ja). Abgesehen davon, dass auf der ganzen Welt unzählige vorzügliche Rosés gefüllt werden, gibt es jetzt einen weiteren Grund, haltlose Vorurteile über Bord zu werfen und sich beherzt zu betrinken: der Moonlight Organic Shiraz Rosé Jahrgang 2005 von der Stellar Winery in Südafrika! Dieser würzige Wein duftet nicht nur einladend nach kandierten Kirschen, Pflaumen und Lakritz; er erweist sich am Gaumen als easy beat: geschmeidig, saftig, relaxed – ein echter Sundowner für die fünfte Jahreszeit. Falls das noch nicht genügt: Er ist zu 100 Prozent biologisch erzeugt, vor allem aber: Er stammt aus kontrolliert Fairem Handel. Jede verkaufte Flasche unterstützt jene farbigen Farmerfamilien, aus deren organisch kultivierte Trauben diese Moonlight Serenade bereitet wurde und deren Mitglieder bei Stellar für die Weinbereitung mit verantwortlich sind.
Da die Verbesserung der Lebensbedingungen dieser seit Generationen benachteiligten Menschen allein mit Rosé eine wohl langwierige Angelegenheit werden könnte – und die Shiraz-Rebe ohnehin nicht rosafarbene, sondern tiefschwarze Trauben trägt –, haben die Winzerfamilien neben Shiraz auch noch andere Traubensorten im Anbau: Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinotage, Sauvignon blanc und andere Qualitätsreben, die zu den weltweit besten und beliebtesten Weinsorten zählen.
Sie wachsen in der klimatischen Halbwüste von Namaqualand, an der nördlichen Grenze der Weinregion Olifants River. Dieses Gebiet, das vor allem für die Produktion von Tafeltrauben und Billigweinen aus industrieller Genossenschaftsproduktion bekannt ist, liegt rund 280 Kilometer nördlich von Kapstadt an der Westküste Südafrikas. Auf den ersten Blick keine Heimat für wirklich feine und elegante Weine, auf den zweiten aber ein wahres Kleinod. Zum einen sorgen frische Brisen vom Atlantik am Nachmittag für die notwenige Abkühlung der durch den sandigen Boden stark aufgeheizten Trauben. Dadurch reifen sie langsamer und gleichmäßiger aus und bewahren darüber hinaus ihr frisches Beerenaroma. Vor Trockenstress schützt die Reben ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem sowie aufwändige Bodenarbeiten der Erzeuger, die ganz auf chemische, synthetische Düngemittel verzichten.
Doch selbst aus organisch kultivierten Reben muss erst einmal guter Wein gemacht werden. Dafür ist die bei Trawal gelegene Stellar Winery – im modernen Südafrika ist sie eine der modernsten – zuständig. Nur selten werden Trauben ähnlich schonend behandelt wie hier, wo man sich der Kühlmöglichkeiten der Tafeltraubenindustrie bedient. Willem Rossouw hat die Kellerei 1998 errichtet und zugleich mit fünf Farmerfamilien, die damals ausschließlich Tafelweintrauben erzeugten, ein Joint Venture geschlossen. So zahlt Stellar den Erzeugern garantierte Mindestpreise für das Kilo Trauben, die neben den reinen Produktionskosten auch Lebenshaltungskosten und Ausgaben für soziale Projekte decken. Zudem wohnen die Familien in von Stellar errichteten kleinen Häusern mit Garten, ihre Kinder gehen in den Kindergarten oder die Grundschule, ältere Kinder werden zur weiterführenden Schule in die nächste Stadt gebracht, während den Erwachsenen Aus- und Weiterbildungen ermöglicht werden, was ihnen die Chance zum unabhängigen, selbst bestimmten Arbeiten eröffnet. Seit 2003 ist die Stellar Winery das erste und bislang einzige Weingut der Welt mit TransFair-Siegel.
Die in Deutschland erhältlichen Weine der Stellar Winery – insgesamt sind es 16 – sind durch die Bank empfehlenswert und ein Beweis für die Tatsache, dass eine gute Sache auch gut schmecken kann. Die Weine zeichnen sich durch ihr reintöniges, animierendes Fruchtbukett ebenso aus wie durch ihren warmtönigen, fruchtbetonten Schmelz und ihre gute Trinkbarkeit. Der rassige, nach Stachelbeeren, Limetten und frischer Paprika schmeckende Sauvignon blanc 2005 sei vor allem jenen Fisch- und Meeresfrüchteessern ins Glas empfohlen, die nicht immer gleich Sancerre trinken wollen. Der Rosé ist ein lässiger Spätsommerhit, der rote Moonlight Shiraz 2003 ein seidiger, warmtöniger, an Backpflaumen erinnernder Partylöwe. Anspruchsvoller, weil dichter, strukturierter, sind die Weine der „Stellar“- Range: Der fruchtsüße 2004er Merlot ist würzig und noch etwas pelzig; er könnte nach einigen Stunden Luftholen zu Fleisch oder Käse eine gute Figur machen. Mit dunkler, schmeichelnder Beerenfrucht und angenehmen Röstnoten im Finish überzeugt der vorzügliche Cabernet Sauvignon 2003, dessen harmonischer Fülle man durchaus mit einem kräftigen Rind oder einer salzigen Heidschnucke begegnen sollte. Von den in der „Sensory Line“ vereinten Spitzenweinen von Stellar gefällt der körperreiche, vollmundige 2003er Pinotage mit seinen dicht gewobenen Aromen von Pflaumen, Pfeffer und Grafit sowie der samtigen, schokoladigen Textur. Nach einigen Stunden in der Karaffe verträgt er sich gut mit geschmortem Wild und besonders würzigen Käsesorten.
Weine von Stellar Organics vertreibt Peter Rieger Weinimport: Tel. (0 77 74) 9 31 30, www.riegel.de. Sie werden in Supermärkten der Kaiser’s-Tengelmann-Gruppe verkauft, in vielen Edeka-Märkten sowie der Hamburger Drogeriemarktkette Budnikowski. Die Flaschen kosten zwischen 5,60 € und 9,50 €