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„Irma“ sorgt für eine Massenflucht

Katastrophe Der gewaltige Hurrikan „Irma“ erreicht am Sonntag Florida. Vorher waren sechs Millionen Menschen zur Flucht aufgefordert. Doch manche Arme und Abenteuerlustige sind auch geblieben

Kurz vor der Ankunft des Hurrikans: Miami Beach am Sonntagmorgen Foto: Carlos Barria/reuters

Aus New York Dorothea Hahn

Der Hurrikan „Irma“ hat am Sonntag Florida erreicht. Vorausgegangen war eine der größten Evakuierungen der US-Geschichte. Scott Rick, Gouverneur von Florida, befahl mehr als sechs Millionen Menschen, ihre Häuser zu verlassen und warnte vor Sturmflutwellen von „mehreren Metern Höhe“.

Doch die Sturheit hat wieder einmal gesiegt: Am Sonntagmorgen, als bereits Winde mit 209 Stundenkilometern die Florida Keys erreichten und den Regen in horizontaler Richtung über die ungeschützten, flachen Inseln peitschten, die nur Zentimeter über Meereshöhe liegen, harrten immer noch Floridians in gefährdeten Gebieten aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits mehr als 1,3 Millionen Menschen keinen Strom mehr.

Welche genaue Richtung „Irma“ einschlagen würde, blieb bis zuletzt offen. Lange wähnten sich Miami, Miami Beach und Fort Lauderdale in seinem Auge. Manche Bewohner der südwestlichen Region flüchteten deshalb in den Nordosten der Halbinsel. Doch am Sonntagmorgen sah es so aus, als hätten sie sich damit in noch größere Gefahr begeben. Denn „Irma“ orientierte sich nun auf Floridas Westküste und den Golf von Mexiko. „Sie schlägt die schlechteste aller möglichen Routen für Florida ein“, sagte Senator Marco Rubio.

In der dicht besiedelten Stadtregion von Tampa und St. Petersburg an Floridas Westküste leben mehr als drei Millionen Menschen rund um eine große Bucht. Dort gibt es kaum ein Entweichen vor den Wassermassen, die eine Sturmflut, wie sie nach dem Hurrikan erwartet wird, auf das Land treibt. Viele in der Tampa-Region hofften am Sonntag, dass der Hurrikan in das Zentrum von Florida ziehen werde. Denn je weiter draußen er über dem Golf von Mexiko tobt, desto höhere Wasserwände wird er aufs Land treiben.

In den Tagen vor „Irmas“ Ankunft haben die Menschen ihre Fenster mit Holz vernagelt und Sandsäcke vor ihren Türen aufgetürmt. Manche trugen ihre Wertsachen in höher gelegene Häuser oder stellten sie auf Tische und Schränke, um sie vor den Wassermassen zu schützen.

„‚Irma‘ schlägt die schlechteste aller Routen ein“

Senator Marco Rubio

Doch auch im Sturm sind längst nicht alle Floridians gleich. Wer solide Steinhäuser mit sturmfesten Fenstern und Notstromaggregaten besitzt, konnte in Miami auch noch am Tag vor dem Hurrikan unbesorgt Golf spielen gehen. Viele jener hingegen, die in Holzhäusern mit dünnen Fenstern leben, konnten es sich nicht einmal leisten, ihre Autos für die Fahrt in den Nachbarstaat Georgia voll zu tanken.

Mit drastischen Warnungen wie „Bleiben ist Selbstmord“ und der Drohung „Unsere Leute rücken ab Windstärke von 160 Stundenkilometern nicht mehr aus, um Menschen zu retten“, versuchten County-Sheriffs die Floridians zum Verlassen der gefährdeten Zonen zu drängen. Auch jenen, die kein Auto oder Geld für Benzin hatten, boten sie Hilfe an. Doch am südlichsten Punkt Floridas, an der Boje von Key West, machten Halbstarke weiterhin Selfies vor dem Sturm. Ein 22-Jähriger rief auf Facebook dazu auf, auf den Hurrikan zu schießen: „Lasst uns ‚Irma‘ zeigen, dass wir zuerst schießen.“ Ryon Edwards bekam dafür auf Anhieb Zigtausende „Likes“. Kurz vor dem geplanten Shoot-in bat der besorgte Sheriff von Pasco County auf Twitter darum, die Waffe stecken zu lassen: „Es wird ‚Irma‘ nicht umkehren. Und könnte zu gefährlichen Rückschlägen führen.“

Die über 40 Millionen Bewohner von Florida haben sich im letzten Jahr mehrheitlich in die Hände von Republikanern begeben. Nur einige Großstädte sind demokratisch geführt. Damit ist der Bundesstaat fest in der Hand von Politikern, die den Klimawandel leugnen und die einen starken Staat für „gefährlich“ halten. Noch in der vergangenen Woche haben zwei republikanische Kongressabgeordnete aus Florida gegen die Notfallhilfe für Texas gestimmt.

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