: Streit um V-Männer aus der rechten Szene
VERFASSUNGSSCHUTZ Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verspricht Aufklärung über die rechtsradikale Mordserie des NSU
BERLIN taz | Die Aufarbeitung des NSU-Terrors sei „noch nicht zu Ende“, versprach Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Wochenende in einer Erklärung zum ersten Jahrestag der Aufdeckung der NSU-Mordserie. Bald werde Anklage gegen Beate Zschäpe und ihre mutmaßlichen Unterstützer erhoben, kündigte Friedrich an. Er selbst sehe sich zudem in der Pflicht, zur rückhaltlosen Aufklärung des NSU-Terrors beizutragen und dafür zu sorgen, „das alles getan wird, damit so etwas in Deutschland nie wieder passiert“, so Friedrich.
Was aber genau getan werden sollte und welche Lehren aus dem Versagen der Behörden gezogen werden sollten, darüber gingen die Meinungen auseinander. Der Bundesinnenminister richtet sein Augenmerk auf besseren Informationsaustausch der verschiedenen Verfassungsschutzbehörden. Der neue Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, räumte ein, dass die NSU-Affäre das Vertrauen vieler Bürger in die Sicherheitsbehörden erschüttert habe. Er versprach Reformen und ein „Mehr an Transparenz“. Außerdem befürwortete er ein zentrales V-Leute-Register, um die Informanten in Bund und Ländern zentral steuern zu können.
Die Linkspartei warf Maaßen vor, einen „Inlandsgeheimdienst alten Stils mit mehr Zentralkompetenz“ aufbauen zu wollen. „V-Leute sind keine netten Informanten, sondern vom Staat gekaufte Spitzel und bezahlte Täter“, kritisierte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und fügte hinzu: „Die Vernunft gebietet: nicht registrieren, sondern abschalten.“
Auch die Grünen forderten als Konsequenz aus der NSU-Affäre, die Verfassungsschutzämter in ihrer aktuellen Form aufzulösen. „Sie sollten mit neuem Personal und einem eng definierten gesetzlichen Auftrag neu gegründet werden“, schlug Grünen-Fraktionschefin Renate Künast vor. Auch die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von V-Leuten will sie überprüfen lassen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, forderte darüber hinaus eine Parlamentsdebatte im Bundestag zu der Frage, welche Lehren aus dem Behördenversagen in der NSU-Affäre zu ziehen sind. „Es kann nicht sein, dass V-Leute eingesetzt werden, die dem Gemeinwesen mehr schaden als nutzen“, kritisiert auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann.
Der Spiegel berichtet unterdessen, dass der Verfassungsschutz in den Neunzigerjahren mehrere überzeugte Neonazis als V-Leute angeheuert hatte, die maßgeblich an der Schaffung rechtsextremer Strukturen beteiligt waren. Offenbar haben die Behörden diese Neonazis auch noch systematisch vor Strafverfolgung bewahrt und damit geschützt. DANIEL BAX