: Von der Natur gegerbt
Nachruf Schauspieler Sam Shepard ist tot
In einer seiner letzten Rollen kann man ihn als Anführer einer apokalyptischen Sekte sehen. Dubios würdevoll in seinem Auftreten, gibt er diesem vielsagend Calvin Meyer genannten grauen Herrn im Anzug eine stilsichere Unheimlichkeit, wie er sich mit seinen Getreuen in einer wehrhaften Fanatikertrutzburg im ländlichen Texas verschanzt. Der Auftritt in Jeff Nichols’Science-Fiction-Rätselfilm „Midnight Special“ (2016) war eine Nebenrolle, aber sie passte. Auch vom ruralen Setting her.
Als Cowboy wurde Sam Shepard gern gehandelt. Und tatsächlich lernte der 1943 in Fort Sheridan, Illinois geborene Sohn eines Farmers in seiner Jugend den professionellen Umgang mit Pferd und Vieh: Er arbeitete auf einer Ranch und wäre seinem Vater, der im Zweiten Weltkrieg als Flieger gedient hatte, fast in den Bauernstand gefolgt, studierte Shepard doch zunächst Agrarwissenschaften.
Während des Studiums muss ihm aufgefallen sein, dass da noch ganz andere Möglichkeiten in ihm schlummern. Sein Interesse an den Künsten, insbesondere für das Theater, ließ ihn von der West- an die Ostküste nach New York umsiedeln und zunächst das Off-off-Broadway-Theater entdecken.
Schauspielerei war dabei nie sein Hauptgeschäft. Allein 44 Dramen hat er geschrieben, für „Buried Child“, sein Durchbruchsstück, gewann er 1979 den ersten von insgesamt drei Pulitzerpreisen. Was lediglich ein kleiner Ausschnitt aus der Liste seiner Auszeichnungen ist.
In Hollywood nahm man ihn gern für naturgegerbte Typen, etwa in Philip Kaufmans „Der Stoff, aus dem die Helden sind“ (1983). Unvergessen bleibt aber vor allem seine Rolle als Walter Faber in Volker Schlöndorffs Max-Frisch-Verfilmung „Homo Faber“ (1991). Mit abgebrühter Unnahbarkeit gab er einen Cowboy in Gestalt eines Ingenieurs, der im entscheidenden Moment gleichwohl die Fassung verliert. Am Donnerstag ist Sam Shepard im Alter von 73 Jahren gestorben. Tim Caspar Boehme
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