: Die drei F fehlen
Ein gefühltes 0:0 gegen Frankfurt ist ausreichend, um den HSV auf den Boden der grauen Realität zurückzuholen
HAMBURG taz ■ Frische, Fantasie und Fitness fehlten. Die Gründe für das Zustandekommen eines 1:1 gegen Aufsteiger Eintracht Frankfurt, das für den Hamburger SV im Fernduell mit den Topteams der Bundesliga wie eine Niederlage wirkte, hatten sie alle schnell bei der Hand. Die Belastung durch die Uefa-Cup-Partie gegen den FC Kopenhagen am Donnerstagabend habe sich doch als zu stark erwiesen, merkten HSV-Trainer Thomas Doll und seine Spieler unisono an. „Gut 40 Stunden Ruhe zwischen zwei Spielen sind eben sehr knapp“, sagte Doll zerknirscht.
Der geschundene Rasen der Arena habe dazu sein Übriges getan, begründete Bastian Reinhardt. Als schmierig, seifig und tief – und damit nur unter zusätzlicher Kraftanstrengung bespielbar habe er den Platz empfunden, sagte der HSV-Innenverteidiger. „Du merkst schon in der ersten Halbzeit, dass du nicht frisch bist. Solch ein Spiel wie heute müssen wir aber dennoch gewinnen. Die Bayern spielen auch nicht immer gut, aber die gewinnen trotzdem.“
Nicht nur Reinhardt, sondern vermutlich jeder der 48.509 Zuschauer dürfte registriert haben, dass zwischen dem Wunsch, Bayern München ein ebenbürtiger Gegner zu werden, und der Wirklichkeit, biederen Frankfurtern nicht das eigene Spiel diktieren zu können, eine erhebliche Lücke klafft.
Wie schon gegen Kopenhagen war Dolls Team nicht dazu in der Lage gewesen, einem kompakten, mit einer 3:6:1-Aufstellung ins Spiel gegangenem Gegner beizukommen. Dass die Hessen durch den kurz zuvor eingewechselten Du-Ri Cha in letzter Minute die sehr späte Hamburger Führung durch Daniel van Buyten (88.) ausglichen, war zwar bitter für den HSV, dem Spiel gab es aber den gerechten Ausgang. Einerseits. Andererseits hätte der Partie eigentlich ein torloses Remis noch besser zu Gesicht gestanden. Es war grausam, was die beiden Mannschaften ihrem Publikum boten. Interessant wurde es erst in der Schlussphase, die neben zwei Toren auch noch einen Wutausbruch des Frankfurter Trainers Friedhelm Funkel beinhaltete. Der hatte vor dem 1:0 ein Foulspiel von Bastian Reinhardt erkannt. Er zeterte am Spielfeldrand und wurde daraufhin von Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (Herne) auf die Tribüne verwiesen. „Das sind Reaktionen, die müssen einfach raus, ansonsten kriege ich noch einen Herzinfarkt“, bat Funkel um Nachsicht.
Anders als Funkel wurden die HSV-Fans durch die Darbietung ihrer Lieblinge eher geknebelt. Selbst dem zuletzt so starken Mehdi Mahdavikia gelang es nicht, seine Mitspieler mitzureißen. Dass der Iraner überhaupt noch mal in die HSV-Startelf zurückkehren würde, hatte noch vor der Saison als unwahrscheinlich gegolten. Man werde Mahdavikia keine Steine in den Weg legen, falls er einen anderen Verein finde, hieß es damals. Oder auch: Fraglos sei er ein guter Fußballer, nur leider passe er nicht in das System von Thomas Doll.
Der wahre Grund für das plötzliche Desinteresse an den fußballerischen Künsten des flinken Iraners, der seit sechs Jahren in Diensten der Raute steht und dessen Vertrag noch bis 2007 läuft, dürfte pekuniärer Art gewesen sein. Mit zwei Millionen Euro per anno steht das Gehalt des 28 Jahre alten Mittelfeldspielers für den HSV zu Buche. Zu viel in Zeiten, in denen es der Anspruch des hanseatischen Klubs sein soll, die Qualität der Mannschaft und damit auch ihren Wert durch gezielte Zukäufe sukzessive zu erhöhen. Als der HSV in der Sommerpause den „dicken Fisch“ Rafael van der Vaart an Bord gezogen hatte, musste sich Mehdi Mahdavikia in der Folgezeit wie Ballast vorkommen. Von einem Transfer ist jetzt aber keine Rede mehr – auch wenn Mahdavikia gegen Frankfurt enttäuschte. Aber da war er bei weitem nicht der einzige Hamburger.
CHRISTIAN GÖRTZEN
Hamburger SV: Wächter - Demel, Reinhardt, van Buyten, Atouba - Mahdavikia (60. Ziegler), Beinlich, van der Vaart, Jarolim (71. Trochowski) - Barbarez, Lauth (83. Takahara)Eintracht Frankfurt: Nikolov - Rehmer, Chris (89. van Lent), Vasoski, Spycher - Preuß (89. Cha), Jones - Lexa (67. Ochs), Meier, Köhler - Amanatidis Zuschauer: 48.509, Tore: 1:0 van Buyten (85.), 1:1 Cha (90.)