Berliner Szenen: Ein Kinderfilm?
Verbrechervater
Fup und ich sind begeistert von der wunderbaren Geschichte über die „Mississippi-Bande“, die ich ihm vorlese. Kann ich nur empfehlen: Davide Morosinotto. Guter Mann.
Die Bande muss mit einem Einbaum flüchten, weil der Schurke im Bayou von einem Alligatorenweibchen angefallen wird und die vier Kinder mit einer Pistole, aber auch mit einem blutigen Mantel und seiner Leiche zurücklässt, der ein Arm fehlt. Da ist es irgendwie logisch, sich „Huck Finn“ als Film anzugucken, weil Morosinotto sich ja von Mark Twain hat inspirieren lassen. Ab 6 freigegeben, steht da. Genau richtig für einen verregneten Sonntag.
Aber was wir in einer im Übrigen ganz ausgezeichneten Verfilmung zu sehen kriegen, ist harter Stoff, auch wegen Finns Vater, einem Alkoholiker und Verbrecher, der scharf ist auf das Geld seines Sohnes und dafür über Leichen geht. Dann ist da noch die Szene, in der Jim miterlebt, wie seine Frau und sein Kind meistbietend verkauft werden, und wie er am Ende angeschossen wird. Und als er wie tot daliegt und Huck Finn sich auf ihn stürzt und weint, da kann auch Fup nicht länger an sich halten. Eine Stunde lang heult er hemmungslos, weil zwei Freunde auseinandergerissen wurden.
Ich sage ihm, dass Jim gar nicht tot ist, sondern überlebt hat und dass er sogar seine Frau und sein Kind freikaufen konnte und alles tun kann, was man als Familie eben so tut. Und deswegen würde Huck Finn wieder zu seinem Freund Tom Sawyer zurückkehren.
„Aber warum geht Finn? Er ist doch Jims Freund“, schnieft Fup. „Ja, schon“, sage ich, „aber Jim ist ein Erwachsener und Finn noch ein Kind.“ –– „Aber die können doch trotzdem Freunde sein“, sagt Fup wieder. „Wir sind doch auch Freunde.“ Ja, denke ich, das ist ja manchmal auch das Problem. Aber ab 6! Die haben echt ne Meise. Klaus Bittermann
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