: Asta witzelt über Schleyer
HOCHSCHULE Wegen eines selbst gestalteten Kalenders werden linke Studierendenvertreter angezeigt
Aufmerksamkeit wollten sie schaffen, aber mit so viel hatten die Asta-Mitglieder nicht gerechnet. Bei den Studierendenvertretern der Uni Hamburg liegen mittlerweile zwei Anzeigen auf dem Tisch. Grund ist ein Taschenkalender, den sie selbst gestaltet und gedruckt hatten, um ihn unter den Studenten zu verteilen. Die Datumsspalten im „Kalendasta“ sind in diesem Jahr mit Sinnsprüchen und Zitaten gefüllt. Heitere, kritische, aber auch solche wie der am 18. Oktober: „Mit seinem Tod schafft Hanns-Martin Schleyer die Voraussetzung für die nach ihm benannte Mehrzweckhalle in Stuttgart“, steht da. „Asta verhöhnt RAF-Opfer“, titelte daraufhin die Hamburger Bild.
Schleyer ist nicht der einzige Verstorbene, dem im Kalendasta ein hämischer Eintrag gewidmet ist. „Der FDP-Politiker und Antisemit Jürgen W. Möllemann fällt aus dem Flugzeug“, lautet ein weiterer Spruch. Der parteilose Walter Scheuerl, der für die CDU in der Bürgerschaft sitzt, stellte nach dem Artikel Strafanzeige gegen die Publizisten des Büchleins. Sie hätten das Geld der Studentenschaft benutzt, um „die eigenen politischen Thesen zu verbreiten“, sagt er. Das wäre Untreue.
Asta-Sprecher Moritz Krauß widerspricht. Mit dem Kalender erfüllten die Vertreter ihren Auftrag zur politischen Bildung der Studierenden. Die angesprochenen Themen seien, anders als von Scheuerl behauptet, nicht „allgemeinpolitisch“, sondern direkt auf Studenteninteressen gemünzt: Schleyer hatte in der Zeit des Nationalsozialismus Studentenwerke geleitet. Es sei allerdings „notwendig, plakativ und skandalös zu schreiben“, sagt Krauß, „um die Leute zu catchen.“
Der Sohn des 1977 von der Roten Armee Fraktion ermordeten Arbeitgeberpräsidenten, Jörg Schleyer, hält diese Argumentation für „aberwitzig“. Er fragt: „Wie will man mit so einem Spruch aufklären?“ Das sei „ungehörig“. Von einer Strafanzeige sehe er allerdings ab, um den Autoren kein Forum zu geben.
In dieser Woche hätten Studenten aus ganz Deutschland zahlreiche Anfragen für ein Kalender-Exemplar gestellt, sagt Krauß – und ein Herr aus Karlsruhe eine weitere Anzeige. KLU