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Berliner SzenenIn Hotpants

Vorsicht, Leberkäse!

Sie sieht aus, als ob sich viele vergeblich in sie verliebten

Im Kopf ist man noch ein bisschen zugematscht vom Institutsfest, das lange ging. Dann ist es Mittag. Wenig später sitze ich im Bus und steig gleich wieder aus, weil es so heiß ist. Eine Berliner Türkin in bunter Ferienkleidung sagt: „Eine Zigarette muss noch sein“. Eine sportliche junge Frau mit Hotpants, wie man früher so sagte, verabschiedet sich von ihrem Freund, der ein bisschen hippiemäßig aussieht. Sie sieht aus, als ob sich viele Männer vergeblich in sie verliebten.

Wieder im Bus hab ich einen russischen Sitznachbarn, der konzentriert in einem englischen Buch über Geografie und Politik liest. Ich lese „Pop, Grammatologie und Politik“ von Robert Stockhammer, esse ein Brötchen und wechsle danach zur Zeitung. An einer Ampel in einem anderen Fernbus sitzt ein Mann am Fenster neben mir und liest in: „DIGITAL VS HUMAN“.

Die Frau mit den Hotpants sitzt vor mir und telefoniert; erst auf Dänisch, später auf Englisch. Vor ein paar Tagen war sie noch im Balkan; in ein paar Tagen wird sie wieder in Dänemark sein. Sie wirkt sehr selbstbewusst.

Nach der Aufenthaltspause sitzt ein bayerischer Traveller neben ihr. Sie erzählen einander aus ihren Leben; in wie vielen Ländern sie schon gewesen sind. Wie es in „Afrika“ war. Oder „Asien“. Sie möchte später gern in der dänischen Botschaft arbeiten und sich dort um Landsleute kümmern, die in Schwierigkeiten geraten sind. Er erzählt von bayerischen Bräuchen und warnt sie eindringlich vor „Leberkäse“.

Später liest er ihr vor im Halbdunkel des nur halb funktionierenden Leselichts. Die Geschichte handelt von einem „Jüngling“, mehr versteh ich nicht beim Wegdämmern. Und dann klingelt wieder ihr Telefon. Detlef Kuhlbrodt

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