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Urschreitherapie für Geschlauchte

FUSSBALL Nach dem Sieg im Supercup gegen Borussia Dortmund beschließt der FC Bayern München, dass die Krise der Vorbereitung nun vorüber ist

aus Dortmund David Joram

Wenn der Meister und der Pokalsieger aufeinandertreffen, verspricht das ein super Spiel zu werden. Deshalb nennt man den Supercup wahrscheinlich auch Supercup. Heißt der Pokalsieger Borussia Dortmund und der Meister Bayern München, wäre auch Super-super-Supercup eine mögliche Bezeichnung für die Partie. Zumindest Pep Guardiola, der Ex-Bayern-Coach, hätte das wohl so formuliert.

Aber der Katalane coacht inzwischen Manchester City, während bei Bayern München Carlo Ancelotti amtiert. Und der will seine Angestellten dann in Topform wissen, wenn es wirklich zählt: im April und im Mai, wenn also solche Titel vergeben werden, die wirklich super sind und nicht nur so heißen. Trotzdem sicherten sich die Bayern am Samstagabend ihren sechsten Supercup-Titel durch ein 7:6 nach Elfmeterschießen. Den Wertgehalt des Erfolgs setzen die Münchner aus strategischen Gründen etwas höher an als unbedingt nötig.

So semisuper

Als Frank Ribéry, ein Mann mit einem lautstarken Organ, als letzter Spieler und mit dem Pokal in den Händen, die Gästekabine erreichte, wurde es laut. Er brüllte irgendetwas, das schwer zu verstehen war, ein bisschen nach Französisch klang und, ja, irgendwie auch nach Freude. Wer wollte, konnte die Urschreie auch als eine Art Therapie zum Frustabbau deuten. Denn es war ja tatsächlich so, dass die Bayern in der Vorbereitung Ergebnisse erzielt hatten, die man aus München höchstens in Verbindung mit dem TSV 1860 München in Verbindung bringt: 0:4, 0:3, 0:2. Solche Resultate, zwar gegen namhafte internationale Konkurrenz, drückten aufs FCB-Gemüt. Es wird geunkt, dass mit dem altersbedingten Wegfall der Strategen Lahm und Alonso das Gebilde des FC Bayern grundsätzlich und nachhaltig destabilisiert worden ist. Und so waren die Bayern mit einem Gefühl nach Dortmund gereist, das mit dem Mia-san-mia wenig gemein hatte.

Ähnlich holprig stolperten die Borussen bislang durch die Vorbereitung, der neue Trainer Peter Bosz verbringt viel Zeit damit, das unter Vorgänger Tuchel eingeübte 4-4-2-System in ein 4-3-3 umzuwandeln. Bosz ist ein niederländischer Trainer, er bastelt fleißig an einer niederländischen Spielweise. Das braucht eben Zeit.

Verdaddelte Pässe

Es konnte beim Treffen zwischen BVB und FCB also maximal eine halbe Standortbestimmung herauskommen, zumal hüben wie drüben ein paar der erlesensten Kicker fehlten. Bei Bayern etwa Neuer, Boateng, Robben und James Rodriguez, auf Dortmunder Seite Götze, Reus, Schürrle und Kagawa.

Es entwickelte sich folglich ein Spiel mit vielen Ungenauigkeiten. Die Dortmunder verdaddelten, warum auch immer, insbesondere ihre Zuspiele auf Rechtsverteidiger Piszczek, während Münchens Martinez die BVB-Führung schlafmützig selbst einleitete, indem er sich vom starken Pulisic den Ball klauen ließ (12. Minute). Ein paar altbekannte Mechanismen waren trotz aller Abstimmungsprobleme aber noch vorhanden. Lewandowski bewies beim 1:1, dass er da stehen kann, wo Stürmer für gewöhnlich stehen müssen, um Tore zu erzielen. Der BVB kann nach wie vor herausragend kontern, insbesondere über Dembelé und Vollstrecker Aubameyang (siehe das 2:1). Und die Bayern beherrschen nach wie vor die Kunst des Bayerndusels, notfalls per Billardtor und mit Videobeweis. Durch Bürkis Eigentor in Minute 88 kam es zum Elfmeterschießen, das mit Bartras Fehlschuss endete. Sehr zur Freude Ribérys.

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