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An Beckenrändern

BADEN Das Planschparadies im eigenen Garten, der türkisfarbene Traum mit Terrassenzugang: Klingt gut, oder? Wer sich einen Swimmingpool abschaffen möchte, sollte das hier wissen

von Katrin Seddig

Cocktailtrinken am Swimmingpool, so habe ich mir das schöne Leben einmal vorgestellt. So habe ich es in Filmen gesehen, da lagen die eleganten Frauen, hingestreckt auf ihren Liegen, neben dem flimmerndem Wasser. Ab und zu tauchten sie in ihren weißen Badeanzügen in das Becken ein, schwammen ein paar Runden, und wenn sie wieder auftauchten, dann mit dem Gesicht zuerst, den Kopf in den Nacken gelegt, so dass ihr langes Haar glatt am Kopf anlag, übrigens die einzige Frisur, die einer Frau beim Schwimmen steht. Deshalb tauchen Frauen nach dem Schwimmen immer so aus dem Wasser auf: mit dem Gesicht zuerst, Kopf nach hinten.

Der Swimmingpool ist ein türkisfarbener Traum. Das Badeparadies am Eigenheim, die Riviera in Sichtweite der Terrasse. David Hockney hat diesen Traum in unzähligen Varianten gemalt: schöne Körper, leere Pools, flimmernde Hitze, aber auch eine Art chemisch sauberer Kälte. Die Amerikaner haben ja den Pool wie wir Deutschen den Gartenschlauch. Meinem Vater hat so ein Schlauch in einer selbstgebauten Standhalterung stets gereicht, und er hat sich bis zu seinem letzten Lebenstag im Hochsommer unter einem solchen Schlauch erfrischt. Aber die Deutschen wollen auch ein bisschen amerikanisch sein, und was in den Fünfzigerjahren die Hollywoodschaukel war, ist heute der Swimmingpool, beide standen jedenfalls, zu ihrer Zeit, für Luxus und eleganten Lebensstil.

Plastikmüll im Garten

Sehr viele Pools sieht man, wenn man durch Kleingartenanlagen an den Gleisen fährt. Sie stehen neben den Tomaten und sind voll braunem Wasser, oft sind sie umgeknickt, in sich zusammengesunken. Diese Pools sind aus dem Baumarkt, sie sind aufblasbar, wie alle schönen Dinge, oder sie haben eine Stahlwand. Man stellt sie hin, lässt Wasser ein, lässt die Enkel mit der Mutti ein paar Mal drin planschen, dann verlieren die Enkel aber die Lust oder es wird Winter, und dann verfällt der elegante Lebensstil. Dann liegt der Pool als Plastikmüll im Garten, füllt sich mit Erde und Samen und Schnecken und wird zu etwas ganz Neuem.

Der anspruchsvollere Eigenheimbesitzer baut sich aber lieber einen teuren und haltbaren Pool. Am liebsten selbst, denn das Selbermachen ist es ja, was das Leben lebenswert macht. Innerhalb all der Selbermachfernsehsendungen haben heute auch die Poolselberbaufernsehsendungen ihre Zuschauer. Auch daran kann man sehen, welche Konjunktur der Pool in Deutschland hat.

Wichtig ist, das konnte man aus der einzigen Poolselberbaufernsehsendung lernen, die ich gesehen habe: Ein Pool ist auch mit Vorschriften verbunden. Ein Pool muss unter Umständen von der Baubehörde genehmigt werden. Besser also, man macht eine Zeichnung und fragt nach. Der Abstand zum Nachbarn ist zu bedenken und natürlich muss ein Zaun gezogen werden, 1,20 Meter hoch, damit keine Nachbarskinder im Pool ertrinken, oder Rehe zum Beispiel. Wobei: Rehe können auch sehr jung schon schwimmen, in Schriesheim, im Rhein-Neckar-Kreis, musste vor kurzem die Polizei Rehe aus einem Pool holen, die schwammen und schwammen stundenlang im Kreis herum – weil sie nicht per Leiter aussteigen konnten. Auch fuhr eine Achtzehnjährige in Niederwinkling, in Ostbayern, mit einem Opel Astra in den Swimmingpool hinein.

So etwas muss man voraussehen und bedenken. Vielleicht sollte zwischen Zufahrt und Pool etwas errichtet werden. Eine Mauer zum Beispiel. Es braucht zunächst also Mauern und Zäune.

Das Becken soll, nach Empfehlung von Schwimmbadexperten, nicht tiefer sein als 1,50 Meter, damit man darin noch stehen kann. Sonst geht es einem wie den Rehen, nur das man natürlich an der Leiter wieder herauskommt. Aber man steht vielleicht an heißen Tagen auch einfach gern ein bisschen im Wasser und unterhält sich mit den Nachbarn. Oder spielt, zum Beispiel, mit einem aufblasbaren Wasserball. In alten Filmen spielen die Familien am Wasser meistens mit einem bunten, aufblasbaren Ball. Sie werfen ihn sich lächelnd gegenseitig zu, während die Mutter Brote serviert.

Wichtig für den Bau eines Pools sind auch noch so Sachen wie Abdeckungen, eingebaute Wasserspeier, Größe der Ansaugöffnungen und Einbauleuchten, in denen sich angeblich Haare verfangen können. Man muss sich um die Desinfektion kümmern, zum Beispiel mit Hilfe von Chlor, eventuell auch um die Wasserenthärtung und Entsäuerung, um Reinigungs- und Pflegesets und Filterpumpen; nach alldem kann man sich bei der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen erkundigen.

Man muss also ein richtiger Schwimmbadfuchs werden, wenn man sich selbst einen Pool bauen will. Da hat es vielleicht, von der Freude am Selbermachen mal abgesehen, Vorteile, sich den Swimmingpool bauen zu lassen. Zum einen verschafft es irgendwelchen Menschen Arbeit, zum anderen hat man mehr Zeit, zum Beispiel, um ein Buch zu lesen. Poolfachleute können meistens einen Pool besser bauen als man selbst, wenn man Geld über hat, ist das kein schlechter Weg.

Zwölf Badetage im Jahr

Welche Nachteile hat ein Swimmingpool? Es braucht viel Wasser, das man im Herbst ablässt und im Frühjahr wieder auffüllt, es sei denn, man beheizt den Pool, was aber nicht kostenlos ist. Es braucht Chemikalien, die kosten auch und sind nicht gesund. Man muss darauf achten, dass niemand ertrinkt. Man muss den Pool warten und pflegen, und das alles für zwölf potenzielle Badetage im Jahr (das ist meine Schätzung für Hamburg, woanders ist es sicher besser). Der deutsche Wetterdienst gibt für Hamburg einen Jahresdurchschnitt von vier Sonnenstunden pro Tag und sommerlichen Durchschnittstemperaturen von knapp über 20 Grad an. Es gibt allerdings Schwimmer unter den Menschen, abgehärtete Naturen, die baden auch bei 13 Grad oder bei neun, die ziehen ihre Bahnen, grimmig und tapfer. Für die lohnt sich ein Swimmingpool, wenn sie das fünfsekündliche Wenden am Rand nicht stört.

Es gibt auch Menschen, die einen Swimmingpool haben, der so lang ist, dass sie seltener wenden müssen, aber solche Menschen kenne ich nicht privat. Solche Menschen können gut einen Swimmingpool haben, die haben auch andere Dinge, die sie nur einmal im Jahr benutzen, die haben Dinge, die sie niemals benutzen, aber das macht ihnen nichts aus. Sie sind zum Benutzen nicht verpflichtet, sie besitzen einfach, ganz frei und ohne Benutzdruck.

Denn ein Swimmingpool kann so einen Druck ausüben. Besonders, wenn viel Arbeit und Geld darin steckt, dann kann er dir sagen, dich geradezu anschreien: „Benutz mich endlich!“ Dann wird den Kindern verboten, ins Freibad zu fahren, dann müssen sie allein oder mit ihren Freunden zu Hause planschen. Das ist auch ein Nachteil des Swimmingpools: die Freunde der Kinder. Die gehen mit nassen Füßen auch auf die Toilette, nehmen sich Handtücher, gehen an den Kühlschrank, aber vor allem: Sie sind laut. Man muss sich das gut überlegen mit so einem Pool – wenn man keine Einzelgängerkinder hat.

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