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Archiv-Artikel

Schlupflöcher bei Managementgehältern

Aktionärsschützer: Mehrheiten auf Hauptversammlungen können gesetzliche Transparenzforderungen torpedieren

FRANKFURT/M. taz ■ Seit dem 3. August ist das Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG) in Kraft. Aber transparent sind die Einkommen der Vorstände von Aktiengesellschaften deshalb noch lange nicht, meint die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Die Politiker, erklärte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker gestern, hätten wohl am Ende des Gesetzgebungsprozesses „Angst vor der eigenen Courage“ bekommen.

Hocker moniert vor allem die „Opting-out“-Klausel: Diese erlaubt es den Vorständen, ihre Bezüge weiter als geheime Kommandosache zu deklarieren. Dazu bräuchten sie lediglich eine Mehrheit von 75 Prozent der vertretenen Aktien auf der Hauptversammlung (HV). Kein großes Problem, zeigt der Autovermieter Sixt: Hier hält Vorstandsboss Erich Sixt bereits 57 Prozent der Stimmen, sein Antrag auf Nichtoffenlegung ging auf der HV mit 98 Prozent Jastimmen durch. Andere Unternehmen, so Hocker, hätten angekündigt, die Idee aufzugreifen.

Als „besonders erbitterten Transparenzgegner“ machte die DSW Porsche-Chef Wendelin Wiedeking aus, der aufgrund der dortigen Berichtspflichten sogar auf die Notierung seines Unternehmens im DAX verzichtet. Es werde geheim bleiben, „wie fürstlich Wiedeking entlohnt wird“: Andere Aktionäre besäßen nur stimmrechtslose Vorzugspapiere. „Eine Zweiklassengesellschaft“, so Hocker: Die Großaktionäre wüssten ohnehin, was die Topleute verdienen, Privataktionären werde der Einblick verweigert. Angeblich offenlegungswillige Unternehmen könnten die tatsächliche Höhe der Bezüge kaschieren: Weil das Gesetz keinen Standard vorgibt, sind die Informationen oft nicht vergleichbar. So rechnen nur wenige Firmen Aktienoptionen und Ansprüche auf Pensionsleistungen mit in die ausgewiesenen Jahresgehälter ein.

Bei ihrem Ranking der Einkünfte der DAX-30-Vorstände beschränkt sich die DSW deshalb auf reine Gehaltszahlungen und stellt darüber hinaus fest, dass sich die meisten AGs bei Veränderungen inzwischen an der Entwicklung des Unternehmens orientieren. Ein „Fortschritt“, der dem VorstOG geschuldet sei.

Die Topverdiener mit durchschnittlich 3,035 Millionen Euro saßen 2004 in der Deutschen Bank, „nur“ 651.000 Euro bekam man im Vorstand der Lufthansa. Nur ein Unternehmen im DAX 30 verweigerte jede Auskunft: Fresenius Medical Care.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT