: Eine Woche bis zur Pleite
KRISE Die Zeit läuft: Am kommenden Freitag sind die griechischen Kassen leer. Doch die EU hält Finanzhilfen zurück. Und wer ist ganz vorne unter den Bremsern? Deutschland
VORHERSAGE EINES EU-DIPLOMATEN AM FREITAG IN BRÜSSEL
VON ERIC BONSE
BRÜSSEL taz | Die Eurogruppe hält Griechenland hin. Trotz des neuen harten Sparprogramms werden die versprochenen Finanzhilfen für Athen noch nicht freigegeben, hieß es am Freitag in Brüssel und Berlin. Die Bundesregierung steht auf der Bremse, weil sie Mehrbelastungen für Deutschland fürchtet. Zudem gibt es Streit zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den Euroländern.
Besonders hart ist die Haltung der Bundesregierung. Zwar hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die griechischen Sparbeschlüsse schon am Donnerstag überschwänglich begrüßt. Doch gleichzeitig ließ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) keinen Zweifel daran, dass Griechenland weiter auf die Tranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro warten muss. Es fehle noch eine „Gesamtvereinbarung“ mit der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission, sagte ein EU-Diplomat.
Allerdings ist der Verweis auf die Troika wohl nur ein Vorwand. Der Troika-Bericht war ursprünglich schon für September geplant und wurde – nicht zuletzt mit Rücksicht auf Berlin – immer wieder aufgeschoben. Erst gab es Streit über die Wiedereinführung der Sechs-Tage-Woche, die die drei Troika-Mitglieder – darunter zwei Deutsche – durchdrücken wollten. Dann konnten sich die Experten nicht auf Empfehlungen für das weitere Vorgehen einigen.
Wie bereits vor Wochen durchsickerte, wollte die Troika zunächst eine zweijährige Fristverlängerung für die Umsetzung der Sparpläne sowie einen neuen Schuldenschnitt empfehlen. IWF-Chefin Christine Lagarde warb sogar öffentlich für diese Pläne. Doch Berlin stellte sich quer. Denn ein Aufschub wäre für Deutschland und die anderen Gläubigerländer mit Mehrkosten verbunden.
Bei einer Umschuldung müsste Deutschland bereits gezahlte Hilfskredite abschreiben – und das will Schäuble ein Jahr vor der Bundestagswahl um jeden Preis verhindern. Selbst die akute Notlage in Griechenland scheint den CDU-Politiker nicht zu stören. Dabei hatte er im letzten Jahr selbst eine Umschuldung durchgesetzt. Die ging allerdings zulasten der privaten Gläubiger – also der Banken und Hedgefonds – und nicht der Steuerzahler.
Ohne einen weiteren Schnitt, so glaubt man im IWF, wird Griechenland niemals von seinem Schuldenberg herunterkommen. Die Schuldenquote wird nach neuesten Berechnungen 2014 auf fast 190 Prozent der Wirtschaftsleistung ansteigen – tragfähig sind nach Meinung des IWF höchstens 120 Prozent.
Streit gibt es auch über die Frage, ob der Sparkurs die Konjunktur abwürgt, wie man in Washington glaubt, oder ob er der einzig mögliche Ausweg aus der Krise ist, wie Schäuble meint. Nur in einem sind sich alle einig: Griechenland darf nicht pleitegehen. „Es wird keinen Bankrott Griechenlands geben“, sagte ein Eurozonen-Diplomat am Freitag. Viel Zeit bleibt allerdings nicht mehr: Am 16. November ist die griechische Staatskasse leer.