:
Union Uckermark vs. Vorwärts Würselen
betr.: „SPD-Nachwuchstalent weckt neue Hoffnung“, taz vom 26. 6. 17
Wir nähern uns allmählich der Schlussphase des entscheidenden Spiels um den deutschen Bundestag zwischen Union Uckermark und Vorwärts Würselen. Die Verpflichtung eines international erfahrenen Trainers zur Winterpause an Stelle des glücklosen Sigmar Gabriel schien sich bei Vorwärts Würselen zunächst bezahlt zu machen. Die Flanken der Vorwärts-Mannschaft auf den traditionell starken linken Flügel landeten mangels Anspielstationen vorher zu oft im Aus. Die Union kam durch eiskalt verwandelte Konter, zunächst über die linke, später über die rechte Seite, zu ihren Treffern. Ohne selbst die spielgestalterische Initiative zu ergreifen, besitzt die Mannschaft der gewieften Taktikerin Angela Merkel eine ausgeklügelte Verteidigungsstrategie, die selbst kleinste Fehler des Gegners gnadenlos bestraft.
Bis der neue Vorwärts-Trainer sein Amt übernahm.
Ihm schien bei dieser Mannschaft auf Anhieb etwas zu gelingen, an dem viele vorherige Trainer bei der Diva Vorwärts gescheitert waren: mannschaftliche Geschlossenheit.
Mit gefährlichen Flanken über links, direkt ins nervös gewordene Abwehrzentrum der Union hinein und begleitet von frenetischen Anfeuerungsrufen der Fans, kam Vorwärts innerhalb von wenigen Minuten zum verdienten Ausgleich.
Sogar der Führungstreffer lag in der Luft.
Aber mit zunehmender Spieldauer kamen die alten Schwächen von Vorwärts wieder zum Vorschein: Selbstprofilierung statt Mannschaftsgeist.
Hannelore Kraft, die überschätzte Spielgestalterin aus dem linken Mittelfeld, pfiff auf die mannschaftliche Geschlossenheit und begann ihr eigenes Süppchen zu kochen.
Und Trainer Schulz gab ihren Starallüren sogar nach.
Besser wäre es gewesen, ihr eine Wutrede à la Trapattoni entgegenzuhalten: „Was erlauben, Kraaaft“?!
Die Trainerin der Union, Angela Merkel, hat hingegen im Laufe der Jahre eine höchst disziplinierte Mannschaft geformt, deren Spieler technisch nicht brillieren, jedoch für ihre Trainerin aufopferungsvoll kämpfen.
Sie stellen sich vollständig in den Dienst ihrer Trainerin.
Und wer nicht mitzieht, fliegt raus.
Der Trainerfüchsin gelang nach dem Ausgleich durch Vorwärts ein genialer Schachzug, indem sie ihr größtes Schwergewicht in der Mannschaft, Peter Altmaier, zurück ins Abwehrzentrum beorderte.
Die durchaus klug vorgetragenen Angriffe von Vorwärts in der Sozial-, Steuer- und Rentenpolitik lässt „Ausputzer“ Altmaier geschickt ins Abseits laufen. Zudem begeht Vorwärts den alten Fehler, zu sehr durch die von Union zugemachte Mitte zu drängen.
Und kommt doch mal was vor das Tor von Union, stehen sich die Stürmer von Vorwärts gegenseitig im Weg, weil jeder „sein“ Tor machen möchte.
Jetzt liegt es allein an Martin Schulz, auf den berühmten Tisch zu hauen. Ansonsten fürchte ich, „haben er und Vorwärts fertig“.
ALFRED KASTNER, Weiden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen