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Archiv-Artikel

daumenkino „Dark Water“

Horrorfilme aus Hollywood entstehen zurzeit auf zweierlei Weise: entweder als subtiler Grusel durch Import aus Fernost, wie zuletzt in den „Ring“-Filmen, oder, in der härteren Splatter-Variante, im Rückgriff auf die Klassiker der Siebzigerjahre. Von möglichst weit her sollen die Ideen also kommen, aber im Ergebnis dennoch authentisch sein, deshalb werden ab und an die Originalregisseure nochmal ans Ruder gelassen. So hat Hideo Nakata seinen „Ring 2“ in den USA einfach erneut inszeniert, und George Romero durfte seiner „Zombie“-Trilogie einen vierten Teil anhängen. „Dark Water“ unter der Regie von Walter Salles gehört zur ersten Kategorie: Denselben Film hat Hideo Nakata bereits in Japan gedreht, und so ist es kein Wunder, dass er in weiten Teilen wie eine Variation auf Elemente wirkt, die schon zur Genüge aus „Ring“ bekannt sind: der rachsüchtige Geist eines kleinen Mädchens, das grausam zu Tode kam und auch dann nicht befriedigt ist, wenn das Unrecht ans Licht gebracht wurde; die Mischung aus Mystery (übernatürliche Dinge geschehen) und Thrill (steckt etwa bloß ein Komplott dahinter?); das eigene Kind, das um jeden Preis beschützt werden muss. Selbst wenn das erfordert, sich selbst zu opfern.

Jennifer Connelly spielt die fürsorgende und tendenziell überforderte Mutter, die nach der Scheidung ein bezahlbares Appartement für sich und ihre Tochter sucht und in der heruntergekommenen Sozialbau-Bruchbude, die der schmierige Hausverwalter (John C. Reilly) ihnen wortreich angedreht hat, allmählich entdeckt, dass sich das Gebäude gegen sie verschworen hat. Drehbuchautor Rafael Yglesisas hat die Handlung auf Roosevelt Island im East River von New York verlegt. Bevor es nach einem Expräsidenten umbenannt wurde, hieß das Stück Land im Fluss lange Zeit die „Wohlfahrts-Insel“, weil dort hauptsächlich Krankenhäuser, Gefängnisse und Irrenanstalten, später auch Sozialwohnungsbauten zu finden waren. Offiziell ein Teil des reichen Manhattan, aber durch den Strom vom Festland abgetrennt, ist es der Ort, an den man die Kranken, Armen und Kriminellen geschickt hat. Wer dort landet, ist woanders nicht willkommen gewesen.

Die Wahl der Location gehört zu den besten Einfällen des Films, der vereinzelt gute Momente findet, die Situation einer alleinerziehenden Mutter, das Leben zwischen neoliberalem Sozialstaatsabbau, Niedriglohnsektor und einer infamen Hausverwaltung, abzubilden. Leider gehen diese weitgehend unter, weil der Film sofort wieder umschwenkt auf übernatürlichen Gespenster-Grusel, ganz so, als würde das ganz alltägliche Leben nicht selbst genügend davon bieten. Nicht nötig, weit weg danach zu suchen. DIETMAR KAMMERER

„Dark Water – Dunkle Wasser“. Regie: Walter Salles. Mit Jennifer Connelly, John C. Reilly u. a. USA 2005, 105 Min.