piwik no script img

Archiv-Artikel

Nein – verstanden?!

WORTKUNDE Nein, nee und och nö klingen ähnlich, meinen aber nicht exakt dasselbe. Auf die Nuancen kommt es an – auch beim Neinsagen

Chronologie des Nein

■ Ca. 4000 v. Chr.: Eva kann nicht Nein sagen. Der Schlamassel beginnt.

■ 7. Jhd. v. Chr. Geld regiert die Welt. Und warum? Weil die Lyder Ja zu ollen Goldklumpen und Nein zum Tauschhandel sagen.

■ 1492: Christoph Columbus entdeckt Amerika. Das Land wird überrannt. Die indigene Bevölkerung darf nichts sagen.

■ 1517: Martin Luther sagt gleich 95-mal Nein. Endlich kann er seine Haushälterin heiraten.

■ 1680: Pierre Perignon erfindet den Korkstopfen und sagt Nein zum Weinfass.

■ 1774: Johann Wolfgang von Goethe verneint das Leben.

■ 1788: Freiherr Adolf von Knigge hat etwas gegen schlechtes Benehmen.

■ 1789: Das Nein zum Absolutismus kommt in Mode, die Guillotine auch.

■ 1888: Vincent van Gogh kommt auf keine gute Idee.

■ 1912: Nein, da ist kein Eisberg.

■ 1943: Joseph Goebbels fragt die Deutschen, ob sie den totalen Krieg wollen. Niemand sagt Nein.

■ 1956: Nein, Edith Piaf bereut nichts.

■ 1962: James Bond jagt Dr. No.

■ 1966: Das Wembley-Tor wird anerkannt. 50 Jahre später schütteln die Deutschen immer noch den Kopf.

■ 1968: Die Studenten sagen Nein zum Establishment, solange sie nicht selbst dazugehören.

■ 1989: Die Bürger der DDR sagen Nein zur Mauer. Vorher haben sie auch nicht Ja zur Mauer gesagt, aber es hatte auch niemand die Absicht, sie überhaupt einzumauern.

■ 1994: Nelson Mandela hat lange genug Nein gesagt.

■ 1996: Fettes Brot kann sich nicht entscheiden.

■ 1998: Bill Clinton hat keinen Sex mit Monica Lewinsky.

■ 2008: No to Bush because we can.

■ 2011: Ein revolutionäres Nein geht durch die arabische Welt und fordert viele Opfer. In Richtung Demokratie soll es gehen. Inschallah!

■ 2012: Doppelnein für Pussy Riot:Wladimir Putin bleibt, und es gibt keinen Martin-Luther-Preis.

Nein: negierendes Adverb auf eine Frage oder Behauptung; Zusammenziehung der Wörter ni ein, ne ein; mundartlich entstanden durch Näselung und dem dadurch veranlassten Abfall des anlautenden n; einer der ältesten Bestandteile der deutschen Sprache, 830 erste Erwähnung als Adv. in einer Evangelienharmonie. (Jakob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch) Nein, meine Suppe ess ich nicht. (Suppenkasper) Nee: ugs. Kurzform des verneinenden Adverbs durch Monophthongierung des Diphthong ei zu e (d. h. aus zwei Vokalen mach einen); situationsbedingt differenzierte Betonung des Vokals e, wobei die Länge in Sekunden variiert, wodurch der Grad der Verstimmung der negierenden Person unterstrichen wird. Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nee! (Kurt Tucholsky) Neinneinnein: siehe oben, nur dreimal stärker. Soll ich’s wirklich machen, oder lass ich’s lieber sein – neinneinnein! (Fettes Brot) Nö: ugs. Form der Verneinung für Schmollmünder und Umlaut-Liebhaber. Bedauerlicherweise habe ich Sie falsch eingeschätzt, Bond. Sie sind nur ein dummer Polizist. (James Bond jagt Dr. Nö) Och nö: verneinende Redewendung mit gehöriger Portion Selbstmitleid und Hang zu Tragik. Ich kann in elf Sprachen och nö sagen – das genügt für eine Frau. (Sophia Loren) Nä: linguistische Erscheinungsform vgl. nö; starke Verbreitung im Norden Deutschlands, besonders populär in Küstennähe. They tried to make me go to rehab, but I said nä, nä, bäh! (Amy Winehouse) Nei-hein: ugs., nachdrückliche Form zum Ausdruck von großer Gereiztheit; tritt oft bei wiederholtem Verneinen derselben Frage auf, Anwendung im Bekanntenkreis. Nei-hein, ich will noch nicht gehen. Ich will noch ein bisschen tanzen. (Laserkraft 3D) Nein, nein und nochmals nein: Form des absoluten Endneins, Verneinung für Vielredner, Klangfanatiker, Was-zu-sagen-Haber, Entschiedene usw. Du Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag nein, nein und nochmals nein! (Wolfgang Borchert)

Nein heißt übrigens immer nein.