LeserInnenbriefe
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Bedenkliche Mehrheit

betr.: „Land der Nichtschwimmer“, taz vom 10./11. 6. 17

Grundsätzlich ist es gut darauf hinzuweisen, dass immer noch zu viele Menschen ertrinken, ebenso wie auf die Tatsache, dass zu viele Schwimmbäder zu alt sind oder mangels Renovierungswillen gleich geschlossen werden. Im Kopf des Kommentars ist von Panik die Rede, aus den zitierten Äußerungen geht aber nicht hervor, ob die DLRG und das Forsa-Institut tatsächlich Panik verbreiten wollen. Ich persönlich finde eine Mehrheit von 60 Prozent der Schulkinder, die nicht schwimmen können, sehr bedenklich.

Entschieden muss ich im Übrigen der Behauptung widersprechen, es käme für die Einschätzung, ob ein Kind schwimmen kann, nicht zwingend auf das Abzeichen an. Das erste Abzeichen, das nach dem Seepferdchen erworben werden kann, ist das Jugendschwimmabzeichen in Bronze. Hier beweist der/die Schwimmer*in, dass er/sie sich deutlich länger als 25 Meter über Wasser halten kann. Erst dann kann wirklich davon gesprochen werden, dass jemand schwimmen kann. Dieses Abzeichen ist darüber hinaus auch keine DLRG-Prüfung, sondern ein Abzeichen, das jeder Sportlehrer oder Schwimmmeister abnehmen darf. Außerdem brauchen Kinder immer noch für viele Freizeit- oder Schulfahrten den Nachweis, dass sie schwimmen können. MARKUS SAUL, Borkum

Nackte Zahlen

betr.: „Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten“, taz vom 12. 6. 17

In der heutigen taz bin ich ins Zählen gekommen: sieben zu eins, sieben Männer auf einem Rad, eine Frau in den Abbildungen einschließlich Zeichnungen zu radfahrenden Einzelpersonen. Nicht gezählt die Herrenräder, die Fahrradwege markieren. Und schau ich mir das Titelbild ein, denke ich an die Feministinnen, die sagen: Als Frau musst du nackt sein, um ins Museum zu kommen oder mit Fahrrad auf die erste Seite. Oh, ihr tazzen, wann werdet ihr es lernen! URSULA MÜLLER, Kiel

Bediente Vorurteile

betr.: „Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten“, taz vom 12. 6. 17

Psychologische Analyse der taz-Titelseite: Ich lese als Erstes: „Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten“ und assoziiere: Es geht um Sklaverei, wahrscheinlich Arbeitssklaverei. Danach sehe ich das lachende Gesicht eines Schwarzen, und danach seinen Riesenschwanz. Huch, also geht es um etwas anderes. Dann sehe ich die Frau neben ihm, Arm in Arm mit ihm, mit stolzem Gesichtsausdruck, der sagen könnte: „Guckt mal, was für einen schönen und potenten Mann ich habe.“ Die Frau ist sehr weiß und natürlich blond. Aha, hier wird das Vorurteil bedient: Weiße blonde Frauen sind scharf auf schwarze Männer wegen ihrer Potenz. Ich denke, hat mir da jemand unter dem taz-Logo ein Pornoheft geschickt? Der seriöse Artikel auf Seite 3 passt aber nicht dazu. Jedoch ein paar Seiten weiter, auf Seite 8: Zum Artikel „Mehr Geld für schnelle Radstrecken“ findet sich ein Foto von einer Radfahrerin, der der Fahrtwind ihren Rock hochweht.

Und was hat das Ganze mit Fahrrädern zu tun? Aha, taz goes Bild. Demnächst kaufe ich gleich das Original, das ist wenigstens ehrlich und offen sexistisch. INGA KYPKE, Hamburg

Lächerliche Aktionen

betr.: „Mehr Geld für schnelle Radstrecken“, taz vom 12. 6. 17

Die Botschaft der Bundesregierung, zur Entlastung der verstopften Pendlerstraßen im Berufsverkehr bis 2030 jährlich 25 Millionen Euro für Radschnellwege zur Verfügung zu stellen, ist eine Farce und konterkariert alle Bemühungen um einen lebensfreundlichen unmotorisierten Individualverkehr per Fahrrad. Wie der ADFC als seriöses Organ neulich schon feststellte, reichen 25 Millionen Euro für knappe 16 (!) Kilometer Fahrradschnellweg. Das wären bis 2030 ganze 224 Kilometer Radwege für einen dringend notwendigen Wechsel vom Autoland Deutschland zu lebenswerten Innenstädten und gesunder Fortbewegung. Wenn wir uns auf solche lächerlichen Aktionen verlassen, dann sind wir verlassen! JÖRG ZIMMERMANN, Oldenburg

Mangelnde Selbstkritik

betr.: „Mayday! Mayday! Mayday!“, taz vom 12. 6. 17

Anstatt dieses Mayday als Alarmsignal des Telegrafiesprechfunks zu verstehen und diese Situation als Seenotfall mit der Notwendigkeit, das sinkende Schiff zu verlassen, zu behandeln, das Signal „F“ (Foxtrott) als Zeichen der Manövrierunfähigkeit nach dem internationalen Signalhandbuch zu setzen, setzt die britische Regierungschefin ihre Fahrt unbeirrt fort und geht, quasi das Wahlergebnis ignorierend, zur Tagesordnung über.

Diese mangelnde Fähigkeit, eine Niederlage einzugestehen, auch wenn sie noch die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, spricht für ein erhebliches Maß an mangelnder politischer Selbstkritik. Weiter spricht dies für die Unfähigkeit der Anerkennung der Hegemonie von politischen Mehrheiten.

Das eigensinnige Verhalten von Theresa May sowie ihrer Regierungsriege ist durchaus vergleichbar mit dem von Profilierungssucht begleiteten Verhalten des damaligen Kapitäns des Segelschulschiffes „Pamir“, Diebitsch, der allein aufgrund seiner dilettantischen Menschenführung und miserablen meteorologischen Navigation sehenden Auges das Ausbildungsschiff in ein Sturmtief hineinmanövrierte und viele junge Menschen in ein Unglück gerissen hat. GEORG DOVERMANN, Bonn