LeserInnenbriefe
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Nicht aufgeben! Laut bleiben!

betr.: „Ihr kriegt uns hier nicht raus!“, taz vom 3./4./5./6. 17

Meine volle Solidarität gilt allen, die für das Berliner Rockhaus kämpfen – ich hoffe, dass der Protest erfolgreich ist und die bezahlbaren Räume erhalten bleiben! Ich kann die Situation sehr gut nachempfinden, da wir in Schwerte, am Rande des Ruhrgebietes, eine sehr ähnliche Situation haben: Wir haben uns unser Proberaumzentrum 1991 erkämpft – 7 Räume im Keller einer Gesamtschule. Abbezahlt. Die Bands teilen sich Räume und Miete. Das ProZ ist eine Abteilung des autonomen Jugendkulturvereins Kunterbunt. 2013 wurde es wegen Umbaumaßnahmen (Brandschutz) für ein halbes Jahr von der Stadt geschlossen und seither nicht wieder eröffnet und als „nachrangiges Projekt“ eingestuft. Wir kämpfen verzweifelt um Öffentlichkeit, unsere Anfragen werden von den zuständigen Menschen nicht oder ablehnend beantwortet. Viele sind woanders untergekommen, aber manche Bands haben sich aufgelöst oder neue werden gar nicht erst gebildet. Ersatzproberäume sind nun oft nur mit dem Auto erreichbar, und sie sind teuer. Vor allem sind wir in alle Winde verstreut, man kann nicht mal eben nach nebenan gehen und nach Gitarrensaiten fragen oder bekommt in der Pause zufällig einen Auftritt vermittelt. Was für Berlin gilt, gilt für eine Kleinstadt ohne angemessenen öffentlichen Nahverkehr doppelt: Die Kulturszene schrumpft, unsere vierjährige Pause hat zur Folge, dass so gut wie keine jungen Bands nachwachsen. Berliner, lasst es nicht so weit kommen! Geduld und Höflichkeit haben offenbar wenig Überzeugungskraft, auch wir veranstalten jetzt wieder öffentliche Proben. Nicht aufgeben! Laut bleiben!

KIRSTIN TER JUNG (Tricky Woo), Schwerte

Lokalzeitungen sind nicht so frei

betr.: „Frei im Netz“, taz vom 3./4./5./6. 17

Mit großem Interesse habe ich die Beilage „Frei im Netz“ gelesen. Hört sich alles gut an. Nur verschweigt ihr natürlich, dass das Modell nur möglich ist, weil Zehntausende von Leserinnenn und Lesern erst einmal eine Bezahlschranke überwinden müssen: diejenigen, die die taz als Printausgabe oder E-Paper lesen möchten. Ich halte das Modell zudem in den meisten Fällen für nicht übertragbar. Ich arbeite bei einer kleinen Lokalzeitung (35.000-Einwohner-Städtchen) mit einer Auflage von rund 7.000 Exemplaren. Und ich bin heilfroh, dass vor zwei Jahren nach einem Verlegerwechsel bei uns eine Bezahlschranke eingeführt wurde. Wie oft habe ich vorher gehört: „Die Zeitung habe ich abbestellt. Alles Wichtige kriege ich ja umsonst im Netz.“ Bei einer solchen Zeitung ist die Leser-Blatt-Bindung einerseits stärker als bei der taz (man kennt sich schließlich), andererseits ist die Solidarität wesentlich geringer. Denn man hat sich die Zeitung nicht unter vielen ausgesucht, sondern ist auf die eine Zeitung angewiesen, wenn man wissen will, was vor Ort passiert. In fast 30 Jahren Berufspraxis habe ich übrigens noch nie erlebt, dass ein Verleger, ein Chefredakteur oder ein Werbekunde versucht hat, mir vorzuschreiben, was ich schreibe oder nicht schreibe. So etwas versuchen höchstens immer mal wieder Leserinnen und Leser. Und da ergibt sich bei einem freiwilligen Bezahlmodell ein gigantisches Erpressungspotenzial: „Solange der Redakteur oder die Redakteurin schreibt, bezahle ich nicht mehr!“ Und wie schnell habe ich in einer kleinen Stadt meinen Verein, meine Partei usw. hinter mich gebracht? Eine Abokündigung ist dagegen viel schwieriger, denn dann kann ich ja auch die Artikel der von mir geschätzten Redakteurinnen und Redakteure nicht mehr lesen. Und ein Letztes: Qualitätsjournalismus kostet Geld, wer wüsste das besser als ihr. Und derjenige, der Qualitätsjournalismus produziert, hat (in einer kapitalistischen Gesellschaft) einen Anspruch darauf, dass er auch angemessen entlohnt wird. Damit er leben kann. Ich habe noch keinen Lebensmittelhändler gefunden, der mir freistellt, ob und wie viel ich für meine Einkäufe bezahlen möchte. Und Lebensmittel sind vielleicht noch wichtiger fürs tägliche Leben als glaubwürdige Inhalte in der Qualitätspresse. FRIEDHELM WENNING, Münster

Lehrerprotest gegen Abschiebung?

betr.: „Keine Zeit für den Abschiebeflieger“, taz vom 1. 6. 17

Es ist nicht zu fassen – anstatt erschreckt innezuhalten und über die Abschiebepraxis nachzudenken, verkündet Herr de Mai­zière, der für den 31. Mai vorgesehene Abschiebeflug sei nur aus organisatorischen Gründen ausgesetzt und werde baldmöglichst nachgeholt.

Geflüchtete aus Afghanistan in ihr Herkunftsland zu deportieren ist ein Verbrechen. Dass man auch jetzt noch an der offenkundigen Lüge festhält, es gäbe „sichere“ Regionen in Afghanistan, zeugt von der gnadenlosen Brutalität, mit der die mörderische Abschiebepolitik fortgesetzt werden soll. Gratulation an die Nürnberger Berufsschüler*innen, die den Abtransport ihres Mitschülers mitten aus dem Unterricht durch eine Sitzblockade zu verhindern suchten. Wo waren die Lehrkräfte?

WINFRIED EISENBERG, Herford

Wir KlimaschützerInnen

betr.: „Wie die Welt Trumps Klima-Amok trotzt“, taz vom 3./4./­5. 6. 17

Haha, taz, euer Humor ist doch immer wieder köstlich! Großer Aufmacher: „Wie die Welt Trumps Klima-Amok trotzt“. Aber als Beileger in der gleichen Ausgabe – „extra für taz-Leser!“ – Werbung für die Billig-Flugreise nach Marokko … garantiert weder fair noch ökologisch, schon gar nicht klimafreundlich! Sehr gut. Lese das Trump-Bashing dann im Flieger.

CLAUDIA DOROTHEE OTTEN, Hamburg