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Endlich Hannover für Jedermann

Reifensport Nach über 30 Jahren bekommt das wiederbelebte Profi-Radrennen „Nacht von Hannover“ erstmals ein Amateur-Rennen dazu. Ende Juli geht es vom Neuen Rathaus übern Deister und durchs Weserbergland

von Christian Görtzen

Ob jemand dabei an die chinesische Philosophie, insbesondere den Daoismus, gedacht hat, ist nicht überliefert. In jedem Fall findet sich das Prinzip von Yin und Yang bei der Radsportveranstaltung in Hannover am letzten Juli-Wochenende gut wieder. Die Nacht den Profis, der Tag danach erstmals allen anderen Freundinnen und Freunden des Fahrradfahrens, gleich welchen Alters. So wird es ein Ganzes, etwas Vollständiges. Endlich, nach all den Jahren.

Das Profirennen „Nacht von Hannover“ feierte 1975 Premiere, elf Jahre später war Schluss. 1997 wurde es dann im Hype um Jan Ullrich und Erik Zabel noch einmal aufgelegt, bevor es 2011 erneut aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde. Die Scheinriesen Ullrich und Zabel, der 2007 in Bonn eine erbärmliche Tränenshow aufgeführt hatte, wurden als Betrüger überführt.

Das öffentliche Interesse am Profi-Radsport ging rapide zurück, die TV-Einschaltquoten sanken auf ein Bruchteil. „Die Dopingproblematik hat vieles kaputtgemacht“, sagte Michael Kramer, Pressesprecher von „ProAm – Dein Tag“, dem Amateurrennen in Hannover. Nun seien es aber andere Zeiten, mit sauberen Athleten wie den Deutschen Marcel Kittel und Tony Martin, behauptet Kramer.

Seit dem vergangenen Jahr findet die „Nacht von Hannover“ wieder statt, jetzt auf einem Rundkurs auf dem Friedrichswall vor dem Rathaus. Und nun gibt es am 30. Juli erstmals in der niedersächsischen Landeshauptstadt die passende Ergänzung dazu, das Rennen für Hobby-SportlerInnen. 70 und 114 Kilometer lang sind die Rundkurse durch die südliche und westliche Region. „Wir bringen Hannover 24 Stunden in Bewegung“, verspricht Veranstalterin Stefanie Eichel.

Der längere Kurs führt durch das Weserbergland und den Dei­ster, einem Höhenzug im Calenberger Bergland, zum Start-/Zielbereich vor dem Neuen Rathaus. Gerade auf dieser Strecke sollten die Teilnehmer schon einigermaßen geübt sein, bemerkt Kramer. Immerhin warten eine Höhendifferenz von 816 Metern und eine maximale Steigung von 9,5 Prozent.

Teilnehmen kann jeder ab 16 Jahren. „Das ist etwas für die ganze Familie, auch Senioren können mitmachen“, sagt Kramer. „Es gibt allerdings auch Mindestgeschwindigkeiten. Auf der längeren Strecke sind es 26 km/h, auf der kürzeren 24 km/h. „Es wird also keine gemütliche Spazierfahrt.“

Den zu langsamen Fahrern droht ansonsten eine Rückfahrt ins Ziel im Besenwagen, der jene Teilnehmer einsammelt, die wegen Zeitüberschreitung aus dem Rennen ausscheiden. „Eine Mindestgeschwindigkeit ist notwendig, da die Strecke von der Polizei nur für eine bestimmte Zeit für den Verkehr gesperrt werden kann“, sagte Kramer.

Die Teilnehmersollten schoneinigermaßen geübt sein. Es warten eine Höhendifferenz von 816 Metern und eine maximale Steigung von 9,5 Prozent

Als Einzelkämpfer müsse sich niemand auf die Strecke begeben, so das Organisationsteam. Die Strecken über die 70 und 114 Kilometer böten sich auch als Teamevent für Firmen-, Vereins- oder Nachbarschaftsmannschaften an. Mindestens vier Fahrerinnen und Fahrer können sich als Team melden.

Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) schreibt in einem Grußwort: „Ich bin überzeugt, dass dieses Doppelangebot mit hochklassigem Profisport einerseits und einer Aktiv-Aktion für Hobbyfahrer andererseits eine hervorragende Kombination ist.“ Die Kurse zeigten nicht nur viel von Stadt und Region Hannover, sondern auch vom Umland. „Für die Teilnehmenden ist die Rundfahrt daher auch aktive Heimatkunde“, meint Schostok.

Mit der Resonanz auf „ProAm – Dein Tag“ ist Kramer zufrieden: „Wir haben bislang rund 800 Teilnehmer. Wenn es bei der Premiere mehr als 1.000 werden sollten, wäre das sehr gut.“ Es gehe darum, eine Basis zu legen. Denn eine einmalige Geschichte soll die Kombination von Nacht und Tag in Hannover nicht werden.

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