RUTH REICHSTEIN ZUM VORSCHLAG VON VIVIANE REDING : Brüssel speckt die Quote ab
Jetzt hat es EU-Kommissarin Viviane Reding also geschafft. Am Mittwoch legte sie ihren Vorschlag zur europäischen Frauenquote vor. Diesmal besitzt sie auch die Rückendeckung ihrer Kollegen in der Europäischen Kommission, die ihr noch vor zwei Wochen die Zustimmung verweigert hatten. Reding musste damals eine bereits angekündigte Pressekonferenz absagen, eine absolute Seltenheit in der EU-Behörde. Die Ablehnung war eine harte Ohrfeige für die sonst so selbstbewusste und durchsetzungsstarke Luxemburgerin.
Ein Triumph ist der heutige Vorschlag auch nicht – weder für die EU-Kommissarin noch für die Gleichberechtigung von Frauen in Führungspositionen. Reding musste ihren Vorschlag abspecken. Die Quote soll nun nur noch für Aufsichtsräte gelten, nicht für Unternehmensvorstände. Die Ausgestaltung möglicher Sanktionen bleibt den EU-Mitgliedstaaten überlassen. Unternehmen, die nachweisen können, dass ihr männlicher Kandidat besser qualifiziert ist als die weibliche Konkurrentin, müssen sich nicht an die Quote halten. Aber es bleibt ein erster Schritt für eine verbindliche Quote in allen 27 Mitgliedsländern. Gerade in Deutschland wäre daran ohne die EU nicht zu denken.
Reding muss nun die Mitgliedstaaten überzeugen. Öffentlich will die Kommissarin nicht sagen, aus welchen Ländern ihr besonders viel Gegenwind entgegenschlägt. Aber es ist klar, dass auch die deutsche Bundesregierung in Brüssel gegen die Quote intervenierte.
Nun wird es vor allem darauf ankommen, wie sich das Europäische Parlament positioniert. Sozialdemokraten, Grüne und auch die Liberalen haben sich bereits hinter Reding und ihre Quote gestellt. Damit könnten sie die Konservativen überstimmen und ein Gegengewicht zu den ablehnenden Mitgliedstaaten schaffen. Einfach wird es jedenfalls nicht, die Verhandlungen dürften sich über Monate hinziehen. Frühestens 2016 könnte die Quote schließlich eingeführt werden.
Der Tag SEITE 2