: Aus dem Archiv des Bankiers
AUSSTELLUNG Das Paula-Modersohn-Becker-Museum vereint erstmals Bilder seiner Hausheiligen, die aus zwei wichtigen Privatsammlungen stammen. Dort hatte man die Künstlerin schon früh entdeckt
Als noch kaum jemand die Bilder der Worpsweder Künstlerin Paula Modersohn-Becker registrierte, hatte der Wuppertaler Bankier August von der Heydt schon einige ihrer Hauptarbeiten gekauft. Jetzt sind sie in der Ausstellung „Sammler der ersten Stunde“ im Paula-Modersohn-Becker-Museum zu sehen.
Gleich im ersten Ausstellungsaal ist ein Abbild von der Heydts (1851-1929) zu sehen. Bernhard Hoetger hatte die Porträtbüste 1907 in Eichenholz angefertigt – im Auftrag von dessen Frau Selma. Die Holzskulptur ist für Hoetgers Verhältnisse recht fein geraten. Der Maler und Bildhauer ist für seine kräftigen, groben, fast brachialen Darstellungen von Menschen und Tieren bekannt.
Bei den Werken, die der Bankier 1909 kaufte handelt es sich um insgesamt 28 Ölgemälde aus dem Spätwerk der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Malerin Paula Modersohn-Becker (1876-1907). Hoetger hatte den Mäzen auf ihr Werk aufmerksam gemacht. Von der Heydt hatte zahlreiche Werke von Künstlern der klassischen Moderne zusammengetragen, darunter Paul Gauguin, Auguste Renoir, Pablo Picasso, Henri Matisse und Emil Nolde. Große Teile der Sammlung wurden bei einem Luftangriff auf Wuppertal 1944 zerstört. Die übriggebliebenen Werke übergab der Sohn Eduard in den 1960er-Jahren an das Städtische Museum Elberfeld, das daraufhin in Von-der-Heydt-Museum umbenannt wurde.
Ein anderer großer Sammler von Modersohn-Becker war der erzreaktionäre Kaffeehändler Ludwig Roselius, der bei Hoetger den Bau der Bremer Böttcherstraße in Auftrag gab. Dessen Sammlung bildet heute den Grundstock des Modersohn-Becker-Museums. Bilder der Sammlungen von Roselius und von der Heydt werden nun gemeinsam gezeigt. Dies mache es möglich, heißt es im Begleittext des Museums, die beträchtliche Anzahl von insgesamt 35 Hauptwerken der Malerin zeigen zu können.
Von den ehemals 28 Werken der Wuppertaler Sammlung haben 17 den Krieg überlebt und sind nun in der Böttcherstraße zu sehen. Darunter finden sich die für die expressionistische Malerin typischen Motive: halbnackte Mütter, nackte Kinder, Stillleben.
Ein besonders populäres ist der „Sitzende Mädchenakt mit Blumenvase“, den Modersohn-Becker 1907 fertig gestellt hatte. Das darauf abgebildete Mädchen sitzt in einer seltsamen grün-bläulichen Umgebung, die Farben wirken so, als spielte sich die Szene im Freien, im Mondschein ab. Mehrere mit Blumen versehene Vasen, vor allem aber eine roter Vorhang am Rand, weisen jedoch auf einen Innenraum hin. Verwunschen wirkt die Szene dennoch, nicht zuletzt durch die Krone und die Halskette, die das Kind trägt.
Manche der verlorenen Bilder der Wuppertaler Sammlung waren schwarz-weiß in Katalogen abgebildet. Auf Grundlage dieser Vorlagen wurden für die Ausstellung Reproduktionen erstellt und zwischen die Originale gehängt. So etwa das Werk „Komposition von drei weiblichen Figuren, in der Mitte ein Selbstbildnis“ von 1906-07. Die mittlere Figur ist halbnackt und schwanger. Man sieht, dass Modersohn-Becker ihre Motive gerne variierte. Denn aus der Bremer Sammlung ist das „Selbstbildnis zum 6. Hochzeitstag“, das die Malerin in ähnlicher Weise zeigt, eines der bekanntesten. Radek Krolczyk
Die Ausstellung ist bis zum 10. September zu sehen
Der Autor ist Betreiber der Galerie K’
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