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Die mit dem Messer den Eisenstab bearbeiten

Vintage Afrika Monsters of Funaná: Das Label Analog Africa birgt die vergessenen Schätze der Kapverden

Bässe wie aus dem All Foto: Abb: Cover

Es ist ein rauer Sound, sein Rhythmus galoppierend. Entstanden auf Santiago, der größten Insel der Kapverden, ist der Funaná die lange unterdrückte Musik der einfachen Landbevölkerung. Getragen wird er von einem Akkordeon und dem ferrinho – einem Eisenstab, der mit einem Messer wild geschlagen, heftig gerieben und manchmal sanft gestreichelt wird. Weil der Funaná mit bis zu 150 bpm rasant ist, haben ihn inzwischen auch DJs entdeckt.

In der Heimat des Funaná leben viele Altmeister des Genres in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Das Frankfurter Label Analog Africa will ihr Vermächtnis nun dem Vergessen entreißen. Im Vorjahr hat es ein Album des legendären Akkordeonspielers Bitori neu aufgelegt und wie immer mit einem aufwändigen Begleitheft versehen.

1997 aufgenommen, war es die erste Platte des damals schon 59-Jährigen. Acht Songs, die vom ersten an – dem treibenden „Bitori Nha Bibinha“ – nach vorne gehen, und bei denen man sich von seiner besonderen Technik überzeugen kann: Mit der linken Hand spielt Bitori die tiefen Töne so, dass es wie ein endlos schnurrender Bass klingt.

Der frenetische Funaná ist der Gegenpol zu jenen sehnsuchtsvollen Liedern, die seit Cesária Évora als musikalisches Aushängeschild der Kapverden gelten. Wegen sozialkritischer Texte wurde der Funaná von der katholischen Kirche und den portugiesischen Kolonialherren ebenso bekämpft wie der dazugehörige Paartanz, der als anzüglich verpönt war. Bis heute wird der Funaná vom Staat kaum gefördert, und der ehemalige Cesária-Évora-Manager José da Silva setzt auf seinem „Lusafrica“-Label immer noch alles daran, eine neue Morna-Diva zu entdecken, die das Erbe von Cesaría Évora weiter führt.

So blieb es dem Analog-Africa-Labelgründer und musikalischem Goldgräber Samy Ben Redjeb überlassen, die vergessenen Schätze der Kapverden zu bergen, als er die Inselgruppe vor zwei Jahren abgraste. Eine zweite Veröffentlichung auf Analog Africa widmet sich einem weiteren wenig bekannten Kapitel der kapverdischen Popmusik – und verspricht, ein Rätsel zu lösen: Wie kam es, dass seit den späten 1970er Jahren in vielen Produktionen plötzlich Hammond-Orgeln, Mood-Synthesizer und verzerrte Gitarren auftauchten?

Die Geschichte dazu, die in den Linernotes der Compilation „Space Echo“ ausgebreitet wird, liest sich dann fast zu schön, um wahr zu sein: 1968 war ein mit Orgeln, Synthesizern und elektrischen Instrumenten beladenes Schiff ohne Besatzung bei der Insel São Nicolau gestrandet, und der kapverdische Freiheitskämpfer Amílcar Cabral soll das Equipment nach der Unabhängigkeit von 1975 auf alle Inseln des Archipels verteilt haben.

Doch war das nun der Grund für Coladeira-Pop-Fusionen wie „Ódio Sem Valor“ von Pedrinho und funkige Tracks wie „Corre Riba, Corre Baixo“ von Abel Lima, wie sie auf „Space Echo“ zu hören sind? Wichtiger war wohl das in der Diaspora entstandene kapverdische Musikbusiness. Denn das Schicksal des Archipels ist eng mit der Auswanderung verbunden: Die Inselgruppe auf halben Wege zwischen Europa und Brasilien war einst Drehkreuz des Sklavenhandels, dann der Überseeschifffahrt – und Dürrekatastrophen führten zur Emigration. Erst landeten Auswanderer mit Walfangschiffen in Boston, später Zehntausende in Rotterdam.

Auch Bitori nahm sein Album einst in der holländischen Hafenstadt auf: In einer 48-Stunden-Session wurde das vielleicht beste Funaná-Album aller Zeiten live im kleinen Studio von CDS Music eingespielt.

Ole Schulz

Space Echo: The Cosmic Sound of Cabo Verde 1977-1985. The Mystery Behind the Cosmic Sound of Cabo Verde Finally Revealed (Analog Africa No. 20)

Bitori: Legend of Funaná – The Forbidden Music of the Cape Verde Islands (Analog Africa No. 21)

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