LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Neues Preisniveau für Kinder

betr.: „Kabinett für Kürzungen des Kindergeldes“, taz v. 13. 4. 17

Ein klassisches Eigentor des Bundeskabinetts: Zum einen sät es erhebliche Zweifel an der europapolitischen Glaubwürdigkeit von Angela Merkel, aber auch der SPD, wenn man sich nur noch dann hinter das gemeinsame Projekt stellt, wenn man davon direkt profitiert. Zum anderen dürfte das geplante Gesetz selbst nach einem Einlenken der EU-Kommission gar nicht konform mit dem Europarecht sein, da man bei einer Orientierung der Höhe des Kindergeldes am jeweiligen Preisniveau auch Familien mit beispielsweise dänischer Herkunft, in denen die Eltern in Deutschland arbeiten und der Nachwuchs im kleinen Königreich lebt, dementsprechend mehr als bisher zahlen müsste. Deshalb bleibt eine reine Fixierung auf einige ausgewählte südosteuro­päische Regionen in jedem Fall diskriminierend!

RASMUS HELT, Hamburg

Keine Kinder: Frau faul

betr.: „Den Braten gerochen“, taz vom 12. 4. 17

Witzig, so ähnlich erfahre ich das auch, angestellt bei einer kirchlichen Einrichtung: Frauen ohne Kinder scheinen Freiwild zu sein für alle wilden Männer, haben keine Probleme und sind faul – sie können nach der Arbeit nur noch schlafen, sind nur am Feiern, haben Geld wie Heu, halten sich Putzfrauen ...

Ach ja, sie haben nie Sex oder sind „du Sau“, wenn denn Sex doch mal vorkommen sollte. Betrug gehört zum Alltag, und Mitleid ist überflüssig. Die Liste der Vorurteile ist endlos lang.

CLAUDIA GROSSKLAUS, Hattingen

Viele Kinder: Familie asozial

betr.: „Den Braten gerochen“ vom 12. 4. 17

Den Artikel über die Diskriminierung von kinderlosen Frauen fand ich sehr interessant. Als Familie mit mittlerweile vier Kindern nennt man uns zwar nicht „karrieregeil“ oder „egoistisch“, den Begriff „asozial“ haben wir allerdings auch schon zu hören bekommen. Manchmal ist auch von einer falschen Familienplanung die Rede, oder wir seien wohl „zu doof zum Verhüten“. Egal ob kinderlos oder mit Großfamilie: Man weicht vom üblichen Maß ab, und das passt manchen Leuten nicht ins Weltbild. Anscheinend muss man es schon zur deutschen Musterfamilie mit zwei Kindern bringen – möglichst ein Junge und ein Mädchen. Dann fragt niemand nach dem Warum und Wieso.

MARTIN LERZER, Höchberg

Falscher Körper? Falsche Rollen?

betr.: „Raum für verwirrende Gefühle“, taz vom 10. 4. 17

Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein mag, trans zu sein. Nicht einfach, weil ich mit meinem Geschlecht zufrieden bin – sondern weil ich, soweit ich mir das vorstellen kann, glaube, ich hätte auch das biologisch andere Geschlecht okay gefunden, und mich dadurch nicht in bestimmte Rollen gedrängt gesehen. Offenbar gibt es Menschen, die eine klare Vorstellung haben, wie ihr Körper, was das Geschlecht betrifft, sein soll, und sie leiden, wenn er ein anderes Geschlecht hat. Aber ich frage mich, wie viele derer, die leiden, wirklich an ihrem Körper leiden – und wie viele an den Zuschreibungen, die mit einem bestimmten Körper verbunden sind. Was ist das zum Beispiel für ein Unsinn mit boy scouts und girl scouts (so der Aufmacher des Artikels)? Können Kinder nicht einfach gemeinsam Pfadfinder sein, und alle schauen, was ihnen am meisten Spaß macht? Nähen? Malen? Feuer machen? Raufen? Bäume klettern und Brot backen? Wie viel des Leidens am falschen Geschlecht, in das jemand geboren ist, liegt darin, dass man nicht unabhängig vom biologischen Geschlecht jede Rolle leben kann? Das soll nicht etwas infrage stellen, das ich nicht begreife: das rein körperliche „Sich-falsch-Fühlen“ im biologischen Geschlecht. Aber ich möchte die Frage stellen: Ist es das immer? Vor allem, mit acht Jahren zum Beispiel, wenn sich Körper noch kaum unterscheiden – Rollen aber schon immens? Wird danach genug gefragt?

REBECCA NANSEN, Berlin

DieTürkei gibt es nicht

betr.: „Was ist los, Almancılar?“, taz vom 18. 4. 17

Wenn ich mich kritisch über dies oder das in der Familie meiner Frau äußerte, erfuhr ich Gegenwehr. Hatte sie meine Familie kritisiert, versuchte ich ihre Wahrnehmung ebenfalls zu relativieren. Ich glaube, so tickt der Mensch. Je mehr wir die Türkei kritisierten, umso stärker wurde die Solidarität nicht von der Logik, sondern dem Bauch gesteuert.

BERTHOLD NOESKE, Freiburg

Auch diese Morde sind brutal

betr.: „Killing Fields“, taz vom 18. 4. 17

Auch andere Killing Fields finden zunehmend ohne Öffentlichkeit und Zeugen statt. In vielen Regionen Afrikas bleibt der Regen aus, auch bedingt durch die Erderwärmung. Viele Bauern ­haben keine Ernte. Für hohe Bestechungsgelder verkaufen Politiker fruchtbare Ländereien an Großkonzerne in Industrieländern. Millionen Menschen haben kein Einkommen, keine Nahrung. Tausende fliehen vom Land in die Städte ohne Aussicht auf Arbeit. Den meisten fehlen das Geld und die Kraft zur Flucht. Viele sind unterernährt, krank und sterben einen langsamen Hungertod. Davon war ich in den letzten Wochen Zeuge in Äthiopien. Auch diese Morde sind brutal, sehr brutal.

CHRISTIANE HOPFER, Freinsheim