: So scharf wie Senf aus Meaux
Für die ersten Wochen wird man den neuen UMP-Parteichef Jean-François Copé noch spöttisch „Monsieur 3“ nennen wegen seiner hauchdünnen Differenz hinter dem Komma: 50,03 Prozent oder 98 Stimmen Unterschied bei rund 170.000 abgegeben Voten. Der von Betrugsverdacht überschattete Zittersieg erleichtert dem rechten Oppositionschef den Anfang sicher nicht.
Anlass zu Triumph hat er dennoch. Noch vor wenigen Tagen hätten ihm die wenigsten in Frankreich den Sieg überhaupt zugetraut. Sein Rivale, der frühere Premierminister François Fillon, lag in den Umfragen vorne und schien mit seiner Popularität die weit besseren Karten in der Hand zu halten. Copé ist mit 48 Jahren ein Vertreter der „jungen“ Generation in der UMP, aber als mehrfacher Minister keineswegs ein Neuling. Er ist zudem seit Langem Bürgermeister der Stadt Meaux, die für ihren Senf berühmt ist. Entsprechend scharf will er die Politik der französischen Rechten würzen.
Als Generalsekretär der UMP kannte Copé seine Parteibasis besser als sein Gegner. Ihm war es nicht entgangen, dass die Mitglieder und Sympathisanten dieser Partei nach fünf Jahren Sarkozy-Präsidentschaft nicht mehr dieselben sind wie bei der Gründung als breite bürgerliche Einheitspartei unter Chirac. Sie haben sich ideologisch eindeutig nach rechts bewegt – und Jean-François Copé zieht mit. Nach dem doppelten Wahlsieg der Linken herrscht im Lager der Verlierer nicht Bedarf nach einem zur Mitte tendierenden und reserviert wirkenden Fillon, sondern eher für den aggressiven und oft nuancenlosen Copé.
Dieser lässt an der Regierungspolitik kein gutes Haar. Er will als Oppositionschef eine „von ihren Komplexen befreite Rechte“ verkörpern, die sich nicht aus Angst vor Tabus oder dem Populismusvorwurf den Mund verbieten lassen will. In seiner internen Kampagne hat Copé darum skrupellos manche Grenzlinien überschritten, ohne sich um den Einwand zu kümmern, er flirte da mit islamfeindlichen extremen Rechten.
Natürlich erinnert Copé mit diesem Stil an Nicolas Sarkozy, den er ständig als Vorbild nennt. Er versicherte, er werde für den Expräsidenten den Platz warm halten, falls dieser für 2017 ein Comeback planen sollte. Bis dann aber kann der für seinen maßlosen Ehrgeiz bekannte Copé seine Meinung längst geändert haben und der Makel seiner schwachen Wahl wird vergessen sein. RUDOLF BALMER