LeserInnenbriefe
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Glyphosat im Blut

betr.: „Niederlage für Glyphosatgegner“, taz vom 16. 3. 17

Die Zulassung von Pestiziden entspricht einer TÜV-Prüfung. Wie gut man sich darauf verlassen kann, hat sich gerade beim Dieselskandal gezeigt. So ist es auch bei der Prüfung der Pestizide: Fertigpräparate sind Gemische mit Tensiden und weiteren Hilfsstoffen, die das Eindringen der Wirksubstanz in die pflanzlichen – und ebenso die tierischen – Zellen erleichtern. Ihre Zusammensetzung ist ein Betriebsgeheimnis. Sie sind teilweise selbst toxisch oder verstärken die toxischen Effekte, sind eben nicht inert. Diesen Gemischen sind Mensch und Umwelt ausgesetzt. Geprüft wird aber nur die reine Wirksubstanz. Ferner gibt es Pestizide mit einem Wirkungsmechanismus ähnlich einer Hormonwirkung. Solche Substanzen wirken schon bei sehr viel niedrigeren Dosen als die, die tödlich oder organschädigend sind. Bei langfristiger Aufnahme über Jahre können sie Krebs erzeugen. Das trifft auch für Glyphosat zu.

Die hormonartige Wirksamkeit wird nach den Vorschriften der regula­torischen Toxikologie gar nicht geprüft. Wir alle haben inzwischen Glyphosat im Blut. Der Streit über die Krebserzeugung von Glyphosat ist kein Streit zwischen Wissenschaftlern, sondern zwischen freien, anerkannten Forschern und den Vertretern der Regulatorischen Toxikologie. Was die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu prüfen hatte, war die Einhaltung der Vorschriften und die Nachvollziehbarkeit der Schlussfolgerungen durch die Behörden. Das Ergebnis war vorhersehbar.

ANITA SCHWAIER, Angermünde

Mehr Gleichheit, bitte!

betr.: „Miteinander – mit Gefühl“, taz vom 20. 3. 17

Autor Sven Gigold unterstreicht nach der Wahl in den Niederlanden die Veränderung zugunsten von GroenLinks. „Mehr Gleichheit“ begeistert vor allem die jüngere Generation! Ablesbar ist das auch in Deutschland bei der Veränderung im Besitz von Automobilen. Car Sharing ist „in“! Wenn es um die Verteilung geht, dann ist das Miteinander wichtiger als abschließbare Wohnungen. Wohngemeinschaften sind wieder im Kommen.

JOHANNES SPARK, Hannover und Bremen

Kämpferische Grüne gesucht

betr.: „Wilders zerrüttet“, taz vom 17. 3. 17

Mit Neid sehe ich GroenLinks mit ihrem Vorsitzenden Jesse Klaver im Fernsehen. Und bei uns der dröge Oberlehrer Özdemir, wo wir doch einen Robert Habeck hätten haben können! Deutschland braucht selbstbewusste, kämpferische Grüne, die für ein solidarisches Europa eintreten, Mut machen für den ökologischen Umstieg und die Konzerne und Heuschrecken in den Griff bekommen gegen Demokratieabbau und Flüchtlingsströme weltweit. Die aktuelle Umfrage für Schleswig-Holstein zeigt: Wir schaffen es auch, wenn Robert nach Berlin geht und der grünen Idee in Deutschland bei ansteigender Wahlbeteiligung wieder eine Perspektive gibt. DIETMAR RAUTER, Kronshagen

Krieg und Kultur

betr.: „Falsche Flaggen am Golf“, „Blicke hinter die Realität“, taz vom 20. 3. 17

In beiden Artikeln zeigt sich eine unangemessene Verwendung des Begriffes „Kultur“. Katya Traboulsi kann gewiss nicht „Krieg zu Kultur verwandeln“, wie es in der Bildunterschrift heißt, sondern allenfalls Kriegsgerät in ein Kunstobjekt. Ein Kunstobjekt ist sicher ein Kulturprodukt, aber nicht selbst Kultur, so wenig wie eine Granatenhülse „Krieg“ ist. Kunstgenuss verwandelt niemanden in einen kultivierten Menschen, sonst wäre ein KZ-Scherge kultiviert, nur weil er abends zur Entspannung klassische Musik hört. Herr Klein irrt sich, wenn er glaubt, es gebe „die alte jüdische Kultur“. Es gibt nicht einmal „die“ jüdische Religion, so wenig wie es „den“ Islam oder „das“ Christentum gibt. Und die vielfältigen Religionen sind erst recht nicht deckungsgleich mit einer Kultur. Eine liberale Jüdin und ein orthodoxer Chassid leben nicht in einer Kultur. Die Entkulturalisierung der Religion ist das Geschäft der Fundamentalisten. Denen sollte niemand auf den Leim gehen. THOMAS LANGE, München