Ostdeutsche doch nicht so braun?

UMFRAGEN Langzeitstudien in Thüringen und Sachsen-Anhalt sehen rechte Gesinnungen auf dem Rückzug

DRESDEN taz | In Sachsen-Anhalt und Thüringen gehen ausländerfeindliche und rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung zurück. Zu diesem Ergebnis kommen sogenannte Monitore, die seit Jahren von den Landesregierungen in Auftrag gegeben werden. Die von der Universität Jena erstellte Studie registriert in Thüringen beispielsweise nur noch einen Anteil von 12 Prozent Menschen mit einem rechtsextremen Weltbild. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als im Vorjahr und ist der bislang niedrigste Wert in 12 Jahren.

Soziologieprofesssor Heinrich Best wies allerdings auf die Gleichzeitigkeit einander widersprechender Haltungen hin. So hält die Hälfte der etwa 1.000 Befragten die Bundesrepublik für „gefährlich überfremdet“. Gleichzeitig befürworten 60 Prozent eine stärkere Öffnung gegenüber den Wertvorstellungen anderer Kulturen. Festzustellen ist auch eine Tendenz zur Verharmlosung des Nationalsozialismus, dem 16 Prozent „auch gute Seiten“ abgewinnen. Jeder Vierte stimmt der Aussage zu, dass es wertvolles und unwertes Leben gebe.

Eine solche Aussage bejahen in Sachsen-Anhalt nur 8 Prozent. Der unter Leitung von Everhard Holtmann an der Universität Halle-Wittenberg erstellte Sachsen-Anhalt-Monitor stellt andere Fragen, kommt aber auch zu dem Schluss, dass rassistische und rechtsextreme Einstellungen auf dem Rückzug seien. Nur 9 Prozent der Befragten wollen beispielsweise bei knapper Arbeit Ausländer in ihre Heimatländer zurückschicken. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zog daraus den Schluss, dass Fremdenfeindlichkeit kein besonderes ostdeutsches Phänomen sei.

In der Vorwoche war eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung noch zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen. Jeder sechste Ostdeutsche habe ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild“. MICHAEL BARTSCH