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Brüsseler Eigentor in Sachen Türkeipolitik

Das EU-Parlament stimmt für geplanten Beginn der Beitrittsverhandlungen. Ankara-Protokoll auf Eis gelegt

BRÜSSEL taz ■ Das EU-Parlament in Straßburg hat gestern in seiner Türkeipolitik ein kurioses Eigentor geschossen. Die Konservativen wollten Ankara für seine sture Zypernpolitik abstrafen, stimmten aber dennoch mit Sozialisten, Liberalen und Grünen für den Beginn der Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober. Das Ankara-Protokoll aber, das die Zollunion auf die zehn neuen Mitgliedsländer einschließlich Zyperns ausdehnt und mittelfristig zur Anerkennung Zyperns durch die Türkei führen soll, legte die Mehrheit der Abgeordneten zunächst auf Eis.

Damit will das Parlament von der türkischen Regierung die Garantie erzwingen, dass das Ankara-Protokoll im türkischen Parlament ohne einschränkende Zusatzerklärungen ratifiziert wird. Ankara hatte Ende Juli erklärt, die Ausweitung des Protokolls auf alle 25 EU-Staaten bedeute keine Anerkennung der griechischen Republik Zypern. Zypriotische Flugzeuge dürften türkisches Territorium auch künftig nicht überfliegen, Schiffe nicht in türkischen Häfen landen.

Unterdessen wurden auch aus Brüssel neue Schwierigkeiten bekannt. Aus deutschen Diplomatenkreisen hieß es, der Verhandlungsrahmen werde wohl nicht wie geplant am heutigen Donnerstag von den 25 Mitgliedsstaaten beschlossen. Österreich will eine privilegierte Partnerschaft als alternatives Verhandlungsziel in den Text aufnehmen. Die Formulierung, dass „ergebnisoffen“ verhandelt werde, reicht Wien nicht aus.

Die österreichische Regierung setzt diese Forderung als Druckmittel ein. Dahinter steckt der Versuch, den Rat dazu zu bewegen, dass Kroatien zeitgleich mit der Türkei die Verhandlungen beginnen darf. Den Haags Chefanklägerin Carla Del Ponte reist diese Woche noch einmal nach Zagreb. Am Sonntag wollen sich in Luxemburg österreichische und britische Regierungsvertreter mit Außenkommissar Olli Rehn und Javier Solana treffen. Sie werden entscheiden, ob Kroatien so gut mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeit, dass die Bedingungen für Beitrittsverhandlungen erfüllt sind.

Noch immer ist der steckbrieflich gesuchte ehemalige General Ante Gotovina auf freiem Fuß. Am 3. Oktober sollen die Beitrittsgespräche in Luxemburg eröffnet werden. Bis zur letzten Minute bleibt es spannend: Am Tisch der EU werden vielleicht nur die türkischen oder aber zusätzlich auch die kroatischen Unterhändler Platz nehmen. Vielleicht bleibt der Verhandlungstisch aber auch ganz leer.

DANIELA WEINGÄRTNER

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