LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Dank aus Antalya

betr.: „Der Brief der Mutter“, taz.gazete vom 6. 3. 17; taz vom 7. 3. 17

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin die Mutter des inhaftierten Journalisten Özkan Mayda. Ich habe mich sehr gefreut über die Reportage. Wir haben sie gelesen und sehr viel geweint. Wir danken herzlich allen Leuten, die interviewen, schreiben, entwerfen und drucken – dass Sie für uns auch Zeit haben. Ich habe endlich mal gesehen, dass wir nicht allein­gelassen werden.

Gestern haben wir unseren inhaftierten Journalistensohn umarmen können, da er öffentlichen Besuch haben durfte. Bevor wir Özkan besuchten, ist mir ein Gedanke eingefallen: Ich habe das Bild von Ihrer Zeitung taz.de auf ein T-Shirt drucken lassen. Und unter meiner Jacke angezogen. Dann sind wir zu ihm gefahren.

„Schau mal, mein lieber Sohn, du warst auf der Hauptseite der taz.die tageszeitung!“

Zuerst war er sehr beeindruckt und traurig. Dann war er so glücklich und sagte: „Mama, schreibe bitte eine Dankes-E-Mail in meinem Namen. Und auch schöne Grüße an alle Kollegen, die sich so viel Mühe gegeben haben.“

Mit herzlichen Grüßen,

MEMNUNE UND ÖZKAN MAYDA, Antalya, Türkei

Zurück an Absender!

betr.: „Erdoğans Wahlkampf spaltet deutsche Politik“, taz vom 6. 3. 17

Europa hat sich zum Spielball eines Diktatoren gemacht. Die Tür zur verhängnisvollen Politik haben die Europäer jedoch bereits vor einem Jahr mit dem abgeschlossenen Flüchtlingsdeal aufgemacht. Die „Drecksarbeit“ lässt sich Erdoğan nicht „nur“ mit Geld bezahlen, er hat sich quasi eine Freikarte für die Demontage der Demokratie in der Türkei erkauft.

Dieses miese Spiel will Erdoğan dreisterweise nun auch noch auf europäischem Boden ausfechten. Das Dilemma für die europäischen Staaten ist perfekt. Die Optionen reichen von Verlieren zu Verlieren.

Noch bleibt die Hoffnung, dass die türkischen Stimmbürger sich einen Rest der Demokratie erhalten und Erdoğans Verfassungsreferendum zurück an den Absender schicken. Es wäre ein kleiner Lichtblick in diesem miesen Spiel auf dem Rücken der Menschenrechte und des türkischen Rechtsstaates.

PASCAL MERZ, Sursee, Schweiz

Einheit in Vielfalt

betr.: „Seid unvernünftig!“, taz vom 11. 3. 17

Das sehe ich altmodisch anders: Die Uber-App ersetzt keine Taxifahrer; sie macht dem Kunden völlig anonyme Gestalten zu Personenbeförderern. Dass man das heute schon App-basierte Geldverschieben in Höchstgeschwindigkeit besser komplett dem Algorithmus überlassen sollte, das kann ich mir gut vorstellen. Es zählt der Gewinn pro Zeiteinheit.

Um die komplizierte Gegenwart im Sinne aller Menschen so gut wie möglich zu regeln, dafür gibt es niemals die eine richtige Lösung. Bezogen auf die EU gäbe es ein altes, ich denke indonesisches, Motto: „Einheit in Vielfalt“. Klug erforschte Speziallösungen können nur ein winziges Puzzleteil des Ganzen sein. Das ständige politische Ausblenden der „sozialen Frage“, das ist der Grund für Fremdenhass und starke Rechtsparteien. Die leidenschaftliche Beschäftigung damit scheint heutzutage unmodern – stimmt, die Frage stellt sich ja auch schon seit vorvorgestern. HANS-JÜRGEN SITTEK, Wuppertal

Meister des taktischen Fouls

betr.: „Halbmond über Holland“, taz vom 13. 3. 17

Was für die Fußballer gut ist, ist für Politiker noch besser. Taktisches Foul: fahrlässig, rücksichtslos und brutal. Taktische Fouls werden geahndet, nur nicht in der Politik. Der Spieler Erdoğan – ein Meister des taktischen Fouls durch Wortwahl wie Faschisten und Nazis; die sieht er nun überall in Europa, auch in den Niederlanden, die bekanntlich unter den Nazis leiden mussten.

GERD JÜTTNER, Wuppertal

Bewegung statt Patriotismus

betr.: „Nicht immer gegen was. Für!“, taz vom 10. 3. 17

Warum nur ist der Robert Habeck so beliebt? Zu fast jeder Frage antwortet er zuerst mit einem Widerspruch, geht auf den Sinn selten ein. Wirklich „zum Heulen“ ist die letzte Antwort im Interview: „Es gehen ja inzwischen unter dem Ruf ‚Pulse of Europe‘Leute auf die Straße. Ich wünsche mir so eine Art linken europäischen Patriotismus. Das wird aber nicht am Reißbrett geplant, sondern indem Menschen sich engagieren.“

Wenn frau/man „Pulse of Europe“ mal näher betrachtet, ist es doch genau das grün-akademische Eiapopeia-Milieu, das Angst vor dem Verlust seiner Besitzstände in Europa hat; und was Heine im „Wintermärchen“ zu Patriotismus gesagt hat, gilt auch für linken Patriotismus: Der stinkt nach denselben Geschwüren. Da sind ja müffelnde Schulklos noch besser zu ertragen.

Ein Europa, das es Schwächeren ermöglicht aufzuholen, nicht ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, dessen Folge ­Abgehängte sein werden – dafür wird eine „Bewegung“ ­gebraucht. Kein Patriotismus. H. W. HEINRICH, Bissendorf