Berliner Szenen: Alte Socke
Fups Pointe
Fup tunkt seine Pommes in Ketchup und will einen Witz erzählen. Ich stöhne, weil ich weiß, dass die Pointe wie ein lahmer Gaul daherkommt, wenn sie überhaupt ins Ziel kommt und nicht schon vorher verreckt. Außerdem erzählt Fup immer den gleichen Witz: „Geht eine Tomate über die Straße, kommt ein Auto, sagt die andere: ‚Tschüs Ketchup!‘“ Das ist die Kurzversion. Kann sich aber auch ganz schön ziehen. Na denn mal los: „Treffen sich eine Banane und eine Zigarette. Sagt die Banane: ‚Mir geht’s ganz schlecht. Mich steckt man mit anderen zusammen, klebt auf uns BIO drauf, und dann kauft man uns, zieht uns die Haut ab, und dann isst man uns.‘ – ‚Mir geht’s noch viel schlimmer‘, sagt die Zigarette. ‚Erst steckt man uns in ein Gefängnis, dann kauft man uns, irgendwann holt man uns raus, zündet unsern Kopf an und lutscht an unserm Arsch.‘“
Fups beste Freundin Carla, die zu Besuch ist, kriegt einen Lachanfall, beugt sich zum Pommes kauenden Fup hinüber und singt: „Kleiner, toller Fup.“ Jetzt muss ich lachen. Das ist zwar gar kein Witz, aber trotzdem schön. Fup sagt: „Was hat Carla gesagt?“ Fup hat das schöne Kompliment gar nicht mitgekriegt. Er war wohl noch mit seinem Witz beschäftigt. Nun soll ich einen Witz erzählen, aber ich kenne nur einen von Harry Rowohlt: „Kommt ein Mann morgens auf dem Weg zur Arbeit im Hinterhof an seinem türkischen Nachbarn vorbei, der seinen Teppich ausklopft, und sagt: ‚Na Ali, springt er nicht an?‘“ Aber den würden die beiden nicht verstehen. Sie drängen mich, und ich sage: „Wisst ihr überhaupt, was ein Witz ist? Das Wesen eines Witzes besteht darin, dass er immer auf eine Pointe hin ausgerichtet ist.“ Fup reißt die Augen auf und starrt mich an: „Das soll ein Witz sein?“ Ich muss über sein entsetztes Gesicht lachen. Fup sagt: „Pah, da kann ich ja gleich einen Tag lang an einer alten Socke riechen.“ Klaus Bittermann
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