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Ohne Umweg zum Doktortitel

PROMOTION Schleswig-Holstein will ein Promotionskolleg für Fachhochschul-AbsolventInnen schaffen. Damit soll ihnen der Weg zum Doktor erleichtert werden

von Jördis Früchtenicht

AbsolventInnen von Fachhochschulen soll in Schleswig-Holstein die Promotion erleichtert werden. Wer keine DoktorandInnen-Stelle an einer Universität findet, ist bisher noch auf eine Kooperation zwischen Fachhochschule und Uni angewiesen.

Um die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und damit die Promotionsmöglichkeiten für FH-AbsolventInnen zu verbessern, hat die schleswig-holsteinische Landesregierung Ende letzten Jahres eine Verwaltungsvereinbarung für ein Promotionskolleg auf den Weg gebracht. Zurzeit beraten Universitäten und Fachhochschulen über die Unterzeichnung der Vereinbarung. Laut Informationen der taz stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss.

„Mit dem Promotionskolleg ist es nicht mehr der individuellen Initiative eines FH-Professors überlassen, der bei einer Universität anklopfen muss, um einen Partner zu finden. Die Fachhochschulen können die Promotion selbst innerhalb des Kollegs auf den Weg bringen. Damit sind sie aus der Bittsteller-Position raus“, so Schleswig-Holsteins Wissenschaftsstaatssekretär Rolf Fischer.

Bislang sind Fachhochschulen auf die sogenannte kooperative Promotion angewiesen, wollen sie beteiligt sein. FH-AbsolventInnen suchen sich dabei Doktormütter oder -väter an den Universitäten, die das Promotionsrecht haben.

Erleichtert wird die Zusammenarbeit durch Doppelprofessuren. „Bei uns haben einige ProfessorInnen sowohl an der Fachhochschule als auch an der Universität eine Professur, dadurch wird die Kooperation leichter“, so Torsten Haase, der Sprecher der Fachhochschule Flensburg. Dennoch setzen sich die Fachhochschulen seit Jahren für ein eigenständiges Promotionsrecht ein. In Hessen hatten sie bereits Erfolg – dort können die Hochschulen seit März 2016 Anträge stellen, um für bestimmte, forschungsstarke Fächer das Promotionsrecht zu erhalten. Im Oktober letzten Jahres erhielt die FH Fulda als erste Hochschule für angewandte Wissenschaften, wie die Fachhochschulen in Hessen nun genannt werden, das Promotionsrecht.

So weit will Schleswig-Holstein jedoch nicht gehen: „Das Kolleg stellt das Privileg der Universitäten nicht infrage, Promotionen zu vergeben“, erklärt Fischer. Das Promotionskolleg soll als hochschulübergreifende wissenschaftliche Einrichtung von Universitäten und Fachhochschulen gegründet werden. Innerhalb des Kollegs, so der Plan, soll es einzelne Forschungsteams zu bestimmten Themenstellungen geben, die aus mindestens drei FH-ProfessorInnen und mindestens einem/r Universitäts-ProfessorIn bestehen.

Das Kolleg werde dabei größtenteils kostenneutral sein, so der Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Frank Lindscheid. „Es handelt sich um einen rechtlichen Rahmen ohne eigene Infrastruktur.“ Es falle finanziell höchstens ein überschaubarer Verwaltungsaufwand an. Die Arbeitszeit der ProferssorInnen werde bereits jetzt durch Fachhochschulen und Universitäten getragen.

Das schleswig-holsteinische Ministerium für Soziales und Wissenschaft würde dem Kolleg das Promotionsrecht verleihen. Fischer betrachtet es als „pragmatische Alternative zur kooperativen Promotion“.

Der Präsident der Fachhochschule Kiel, Udo Beer, sieht die Idee positiv: „Für die Bereiche, in denen es keine korrespondierenden Universitäten im Lande gibt, etwa Schiffbau oder Soziale Arbeit, besteht bei den Fachhochschulen der gesteigerte Wunsch nach einem Promotionskolleg, um in Schleswig-Holstein auf diesen Gebieten überhaupt eine Promotion zu ermöglichen.“

Haase hält das Kolleg ebenfalls für geeignet, verliert das Promotionsrecht für Fachhochschulen aber nicht aus dem Blick: „Das wäre der nächste sinnvolle Schritt.“

„Mit dem Promotionskolleg ist es nicht mehr der individuellen Initiative eines FH-Professors überlassen, der bei einer Universität anklopfen muss, um einen Partner zu finden“

Rolf Fischer, Wissenschafts- Staatssekretär Schleswig-Holstein

„Sicherlich wäre dies die sauberste und eine gut zu kommunizierende Lösung“, meint auch Beer. „Allerdings hat das Promotionskolleg vor dem Hintergrund der konkreten Forschungslandschaft in Schleswig-Holstein die bessere Möglichkeit, hochschulübergreifende Forschung zu betreiben und auf die Kompetenzen der Universitäten zurückzugreifen.“

An der Europa-Universität Flensburg wird das Promotionskolleg ebenso begrüßt. Eine Erweiterung des Promotionsrechts wird jedoch eher skeptisch gesehen. „Unser bevorzugtes Modell ist die Zweitmitgliedschaft von ProfessorInnen“, so Kathrin Fischer, Sprecherin der Europa-Universität.

Seit 2012 kooperiere die Universität mit den Fachhochschulen des Landes. „Die Universität strebt auch weiterhin die Einrichtung von Zweitmitgliedschaften für forschungsstarke FH-ProfessorInnen, mit der das Promotionsrecht verbunden ist, an.“

Sollten sich die Universitäten und die Fachhochschulen beim Promotionskolleg einig werden, könnte es noch in diesem Jahr seine Tätigkeit aufnehmen. „Nach der Unterzeichnung eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrages müssen noch Fragen zur Promotionsordnung geregelt werden“, sagt Lindscheid. „Im Prinzip ist das in einigen Monaten zu leisten.“

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