Uwe Rada über die alte und neue Bauakademie
: Einem geschenkten Gaul schaut man doch ins Maul

Schinkelbau Foto: © TU Berlin /Bornemann/Rox

Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Eva Högl, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Mitte, will lieber nicht dem Volksmund das Wort reden, aber auch nicht den Mitgliedern im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Der hatte bekanntlich im Herbst 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der in den fünfziger Jahren abgerissenen Schinkel’schen Bauakademie locker gemacht – und seitdem steht die Frage im Raum: Was soll da hin, und was soll da rein?

Erste Annäherungen brachte ein „Stadtgespräch“, zu dem die Architektenkammer Berlin am Montagabend in die Stadtbibliothek eingeladen hatte. Dabei machte Högl deutlich, wer da derzeit alles in der Berliner Mitte mitmischt. „Wir haben im Bundestag sehr selbstbewusste Haushaltspolitiker“, betonte sie und bekannte: „Das ist auch Teil des Problems.“

Das Problem, das Högl meint, sind die Danaergeschenke des Bundes. Der gab zum Beispiel Geld, damit der Neptunbrunnen an seinen angestammten Ort am Schlossplatz zurückkehrt, was einem weiteren Puzzlestück bei der Rekonstruktion des preußischen Berlin gleichkäme. Und auch für die Wiedererrichtung der Schlosskolonnaden haben die selbstbewussten Haushälter gestimmt. Da bedurfte es erst einer Intervention der Fraktionsvorsitzenden Oppermann und Kauder, um diesen Unsinn wegzuwischen. Lieber ein – vielleicht zu spaßiges – Einheitsdenkmal als ein – gar nicht spaßiges – Hohenzollernaccessoire, das garantiert den Ruf nach der Wiedererrichtung des Reiterdenkmals Wilhelms I. nach sich gezogen hätte.

Wegen der 62 Millionen für die Bauakademie, da waren sich beim Stadtgespräch alle einige, habe Berlin Grund zur Freude. Weniger einig waren sich die zehn Diskutanten, was da drin passieren soll. Während Hermann Parzinger, Direktor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, seinen Vorschlag für ein Architekturmuseum erneuerte, konterte Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architekturmuseums an der TU, dass es schon genügend Orte in Berlin gebe, an denen man sich Architektur anschauen könne. Er plädierte für die Bauakademie als einem „Schaufenster für die Baukultur in Deutschland“.

Das Überraschende an diesem Abend aber war nicht die Kontroverse über den Inhalt, sondern die Form. Dass Schinkels Backsteinbau von 1836, für viele eine Ikone der Moderne des 19. Jahrhunderts, Ziegel für Ziegel rekonstruiert werden soll, ist nämlich längst nicht ausgemacht. „Wie gehen wir mit dem Verlust um“, fragte die Denkmalpflegerin Gabi Dolff-Bonekämper. „Will ich einen Ersatz? Oder will ich was Neues?“

Es waren erstaunlich viele, die sich an diesem Abend etwas Neues vorstellen konnten. Ganz selbstbewusst plädierte Christine Edmaier, die Präsidentin der Architektenkammer, deshalb für einen Wettbewerb, der als Bauziel nicht allein die Rekonstruktion vorschreibt. „Wir können das Phänomen Ziegel nicht ignorieren, aber es muss offen bleiben.“

Im Publikum meinte einer, dass die Chancen dazu gar nicht so schlecht seien. „Wer Rekonstruktion will, der geht besser nach Potsdam.“