Was bisher geschah: Die echten Bären in Berlin
Die Trittleitern sind zwar schon da, die Stars allerdings fehlen noch. Mit schweren Fahrradschlössern haben die Agenturfotografen ihre kleinen Leitern an die Absperrgitter in der Nebenstraße des Hyatt angeschlossen. Dort, wo im laufenden Betrieb die Schauspieler rauskommen, in Limousinen steigen und die 30 Meter bis zum Berlinale-Palast zu den Premieren gefahren werden.
Die Menschen fehlen auf den Straßen am Potsdamer Platz, als Kollege P. und ich am Mittwochnachmittag unsere Pressebändchen abholen kommen, aber sonst sieht alles aus wie immer: Da ist diese komische Schminkbox, der Radio-Eins-Sendebus, da sind die Filmplakate auf dem Mittelstreifen und auch die kleinen Büdchen der Streetfood-Fressmeile, die sie gefühlt jedes Mal ein bisschen anders aufreihen. Der Kasspatzenstand hat auch schon auf, aber keine Kundschaft, dafür stapeln sich die Leute im Starbucks.
Ich bin ein wenig stolz, dass ich mir zum ersten Mal merken konnte, wo was ist in der Copy-Paste-Architektur am Potsdamer Platz und wir steuern das Pressebüro an. Dabei überholen wir zwei Touristinnen mit Rucksäcken, die aussehen wie Minions mit grünen Wuschelhaaren. „Hoffentlich sind das dieses Jahr die Berlinale-Taschen“, sagt P.
Der Kaffeeautomat ist noch nicht hochgefahren und am Ticketcounter bringt einer gerade – „Hängt das mittig?“ – eines der diesjährigen Festivalplakate an, mit diesen hinreißenden Motiven von echten Bären in Berlin, die ich mir am liebsten sofort alle in die Wohnung hängen würde. Nach der Festivalausweisausgabe dürfen wir uns am Tisch mit den Pressematerialien bedienen. Das völlig außer Kontrolle geratene Chaos der Unter- und Nebensektionen der Berlinale materialisiert sich hier in einem Papierwust aus 21 verschiedenen Hand-outs und Heften. Ich nehme von jedem eines. Zusammen wiegen sie 1.874 Gramm.
Vor dem Berlinale-Palast steht ein Gabelstapler und der rote Teppich wird verlegt – also wirklich verlegt, wie Laminat, denn er besteht aus großen roten Plastikplatten, die meisten liegen einzeln herum, als wäre das ein kompliziertes Puzzlespiel. Wir gehen runter, denn dort gibt es die Berlinale-Taschen – das Kultobjekt unter Cineasten, das Festivalbändchen der Kinojournalismusposse. Dieses Jahr ist es ein Ding aus grauem Leinen, das sich sowohl als Rucksack als auch als Tote Bag tragen lässt. Wir kriegen sogar noch einen Coffee-to-go-Thermobecher dazu. Schon praktisch, so ein Kaffeeunternehmen als Festivalsponsor.
Als P. und ich rausgehen, stellen wir fest, dass unsere Smartphones sich bereits von allein ins Presse-WLAN eingeloggt haben. Sie kannten es noch aus dem Vorjahr. Ein Gefühl wie zu Hause ankommen. Michael Brake
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