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Der Schützer der Tiere

TRAUER Wolfgang Apel ist tot: Der Ehrenpräsident des Deutschen Tierschutzbundes war ein unermüdlicher und erfolgreicher Lobbyist

Apel hatte gelernt, dass die Zukunft oft nur in Trippelschritten zu erreichen ist

Wolfgang Apel ist tot. Das ist eine traurige Nachricht für alle, die mit Tierschutz zu tun haben, in Bremen natürlich besonders, wo Apel seit 1978 Vorsitzender des Tierschutzvereins war und aus dem Nichts ein komfortables Tierheim errichtete. Aber auch weit über Bremen hinaus: Denn wenige Menschen in Deutschland haben sich so dauerhaft, effektiv und zäh auf politischer Ebene für die Achtung und Würde der Kreaturen eingesetzt, die sich selbst nicht äußern können – bis zur Erbitterung zäh, selbst in Niederlagen.

Eine der bittersten spielte auch in der Heimatstadt des 1951 geborenen Speditionskaufmanns: Dass Bürgermeister Henning Scherf (SPD) 1997 persönlich dafür sorgte, dass der Neurobiologe Andreas Kreiter, der im Hirn von Makaken den elektrischen Ausdruck von Aufmerksamkeit misst, einen Ruf an die Uni bekam, hat der damalige Präsident des Deutschen Tierschutzbundes als harten Affront erlebt. Als noch schmerzlicher aber erwies sich das Ergebnis des jahrelangen, politischen und juristischen Kampfs gegen diese Versuche.

Der war erst 2014 zu Ende, als schließlich in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht den Anspruch des Forschers auf freien Zugang zum Primatenhirn bestätigt hatte, und die Affen in Bremen „auf unabsehbare Zeit schutzlos der Forschungsneugier“ auslieferte, wie Apel das formulierte: Als „Tragödie“ bezeichnete er das Urteil.

Es war eine auch persönliche Niederlage: Etliche der rechtlichen Waffen zur Verbesserung des Status der Tiere, die in dieser Auseinandersetzung zum Einsatz kamen, hatte Apel zu schmieden geholfen. Mit Recht stolz war er auf die Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel im Grundgesetz 2002, für die er die notwendige christdemokratische Unterstützung organisiert hatte. Und dass Bremen als erstes Bundesland ein Klagerecht für Tierschutzverbände im Landesrecht verankert hat, war auch kein Zufall. Und doch: Im Streit um die Bremer Affenschande stach das nicht.

Frustrierend. Aber Apel, der ab 1993 bis 2011 Präsident des Deutschen Tierschutzbundes war, und seither Ehrenpräsident, wusste genau, dass diese Rechtsmittel wenigstens die Hürden für Kreiters potenzielle NachfolgerInnen deutlich erhöhen. Und er hatte bei der Lobby­arbeit in Brüssel, in Bonn und Berlin gelernt, dass die Zukunft oft nur in Trippelschritten zu erreichen ist.

Anfang der 1990er wurden Tiere wie Sachen behandelt, mit denen man tun konnte, was man wollte. Es war üblich, Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren und zu coupieren, alle kauften Legebatterien-Eier und das Vieh wurde tagelang quer durch Europa kutschiert. Das ist Geschichte. Und daran, dass diese Zeiten so fern scheinen, hat Apel großen Anteil. bes

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