piwik no script img

Berliner SzenenChirpie, cheep, cheep

Pudding geht noch

Sie sagte, dass sie so ehrgeizig sei und ihr Vater Punkmusiker

Der Billardsalon war gut besucht. Ich war lange nicht mehr dabei gewesen, wusste aber noch, wie meine Freunde aussehen. Es waren zwei. Sie standen vor dem Eingang und rauchten. Eigentlich hätte ich gern über Donald Trump geredet, aber ließ es doch, weil B. Amerikaner ist und es womöglich persönlich nehmen würde.

Eine Gruppe junger Männer ging in den Billardsalon. „Die sehen ja aus wie zwölf“, sagte B., vermutlich waren sie eher zwanzig. Weil kein Tisch frei war, gingen sie wieder. Wir warteten, bis endlich einer frei war. Wie immer lief Gold FM mit den besten Hits der 60er, 70er und 80er Jahre. Zum Beispiel, „Chirpie, Chirpie, Cheep, cheep“ von Middle of the Road. B. empörte sich über den Evergreen von 1971, der von einem kleinen Vögelchen erzählt, dessen Eltern verschwunden sind; ich fand das Lied okay. Derweil dachte ich daran, wie ich vor anderthalb Jahren meinen Queue in diesem kleinen Billardsalon im Prenzlauer Berg verloren hatte. Ich verlor die ersten Spiele, war aber trotzdem ganz zufrieden.

Jemand hatte Geburtstag, Leute tanzten. Nicht weit von uns spielte ein Pärchen. Die Frau wirkte lebenslustig und trug eine schwarze Strumpfhose. Manchmal saß sie fast auf dem Billardtisch – eigentlich verboten. Wir kamen ins Gespräch; das heißt, eigentlich redete sie ständig. Dass sie so ehrgeizig sei und in allen Sachen sehr gut, dass ihr Vater Punkmusiker sei und ob wir ihr nicht schnell mal das Billardspielen beibringen könnten. B. war amüsiert; A. entsetzt, weil die beiden unseren Billardabend durcheinanderbrachten. Ich fand alles super, auch weil die Geburtstagsgesellschaft mich einlud, das Büfett aufzuessen. Ich aß mehrere Teller mit unterschiedlichen Köstlichkeiten. „Ein guter Pudding geht immer noch“, sagte der Mann am Tresen. Ich wusste nicht, ob er das Geburtstagskind war. Detlef Kuhlbrodt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen