: Berlin mal auf der Überholspur
VERKEHR Kaum zu glauben: Heute wird die frisch sanierte Avus eröffnet, ein Jahr früher als geplant. Grund dafür ist vor allem eine Prämie– die Firmen kassieren eine Million Euro
VERKEHRSEXPERTIN MARION LAUBE
VON JOHANNES KULMS
2012 dürfte wahrlich nicht als Jahr der Infrastruktur in die Berliner Landesgeschichte eingehen. Zu groß ist die Blamage des verhinderten Großflughafens. Und doch gibt es für die städtische Verkehrspolitik zum Jahresende eine Erfolgsmeldung: Fast ein Jahr früher als geplant wird die A115, besser bekannt als Avus, am Mittwoch nach Bauarbeiten wieder vollständig für den Verkehr freigegeben.
Rund 9 Kilometer lang ist das Teilstück zwischen der Anschlussstelle Spanische Allee und dem Autobahndreieck Funkturm, auf dem die Fahrbahn erneuert wurde. Im Sommer 2011 starteten die Bauarbeiten, rund 90.000 AutofahrerInnen standen täglich im Stau. Eigentlich sollte die Straße erst im November 2013 fertig sein – statt heute schon.
„Wir hatten einen optimalen Bauablauf“, erklärt Petra Rohland, Sprecherin der Verkehrsverwaltung, die um mehr als ein Drittel verkürzte Bauzeit. Auch der milde Winter sei von Vorteil gewesen. Entscheidend dürfte allerdings vor allem eine Prämie gewesen sein: Die Baufirmen kassieren eine Bonuszahlung von einer Million Euro, weil sie frühzeitig fertig wurden. Der Bund, der die Baukosten von 28 Millionen Euro trägt, bezahlt auch diese Prämie.
Es ist das erste Mal, dass in Berlin eine Bonuszahlung in dieser Größenordnung verabredet wurde. „Das hat uns sehr angespornt“, sagt Thomas Kühne, Leiter der Trebbiner Niederlassung der Firma Lanwehr Bau GmbH, die zusammen mit dem Unternehmen Oevermann die Avus-Sanierung durchgeführt hat. Rund ein Drittel mehr Personal als sonst habe man auf der Baustelle eingesetzt. „Unser Ziel war es, so früh wie möglich fertig zu werden“, sagt Kühne.
Kann der finanzielle Anreiz der Avus-Sanierung Modellcharakter haben für andere Bauprojekte? Marion Laube, Vorstandsmitglied des Verkehrsclub Deutschland Nordost (VCD) hält das für sinnvoll. „Eigentlich müsste man so etwas auf jeder Baustelle der Stadt einführen.“ Auch Bernd Kochendörfer, Professor für Bauwirtschaft und Baubetrieb an der Technischen Universität, spricht sich für Prämienzahlungen aus. Anders als bei privaten Bauvorhaben setzten sich Bonuszahlungen im öffentlichen Bereich allerdings erst langsam durch, so Kochendörfer. „Das hängt vor allem mit dem komplizierten Vergaberecht zusammen.“
Die Senatsverwaltung will Bonuszahlungen nicht zum Regelfall machen. „Das wird eine Einzelfallentscheidung bleiben“, sagt Petra Rohland. Die klamme Stadt habe kein Geld, um ständig Bonuszahlungen zu leisten. „Es ist weniger für die Stadt ein Gewinn als vielmehr für die Autofahrer, die jetzt Zeit sparen“, so die Sprecherin.
Könnte eine Prämie die Fertigstellung des Großflughafens beschleunigen? Rohland glaubt das nicht. „Da ist die Situation wegen der vielen beteiligten Unternehmen ganz anders.“ Thomas Kühne von der Firma Lanwehr sieht das anders. „Man hätte dadurch sicherlich nicht alle Mängel beseitigt, aber zumindest eher den Zeitplan eingehalten.“