Kein Ton zu viel

Die Geschichte ist einfach zu gut, um sie nicht zu erzählen. Als Efterklang nach Ideen für ein neues Album suchten, machten sie sich auf den Weg nach Pyramiden. Nein, nicht zu den Pyramiden in Ägypten, sondern nach Pyramiden, einem Städtchen auf der Insel Spitzbergen, die zu Norwegen gehört. Der Ort florierte einst dank der Kohle, die dort von einer russischen Firma gefördert wurde. Doch als die Russen in den neunziger Jahren den Abbau einstellten, sank die Einwohnerzahl schlagartig von 1.000 auf Null. Heute verfallen die Gebäude und nur ein Hotel aus Containern wartet auf Gäste. Dort wohnten vermutlich auch Efterklang, als sie im Sommer neun Tage lang zwischen verfallenden Gebäuden und wildromantischer Umgebung die Atmosphäre des verlassenen Pyramiden mit Mikrofonen einzufangen versuchten. Ob sie dabei entdeckten, wie der ewige Kampf zwischen Zivilisation und Natur klingt, ist nicht bekannt, aber das dänische Trio nahm nicht nur Field Recordings auf, sondern auch einen Flügel, der in einer riesigen Konzerthalle stand. Aus diesem Material entstand dann, wieder zu Hause in Kopenhagen und Berlin, wo zwei Dritteln von Efterklang mittlerweile leben, das Album „Piramida“. So großartig die Geschichte aber auch ist: Zu hören ist das in der Musik nur mit allergrößter Fantasie. Ein gelungenes, atmosphärisch stimmiges Album ist es dennoch geworden. Sehr mondän kommt die Melancholie daher, kein Ton ist zu viel und trotzdem wirkt kein Song spartanisch, sondern großzügig und raumgreifend. Ein großes Album, dem man seine Geschichte zwar nicht anhört, das aber mit ihr mithalten halten.

Auch ganz schön melancholisch sind die Songs von Yesterday Shop. Das aus dem Schwäbischen stammende Quintett plündert, wie schon im Bandnamen versprochen, die Vergangenheit und davon mit großer Freude vor allem die achtziger Jahre. Die ausgiebig verzerrten Gitarren dürfen mal laut losbrüllen und müssen dann wieder ganz leise sein, allerdings können sich Yesterday Shop nicht ganz entscheiden, ob sie sich lieber an Shoegaze-Bands wie den längst heilig gesprochenen My Bloody Valentine orientieren, was immer noch als cool gilt, oder doch lieber Emo spielen wollen, was natürlich gar nicht geht, seit alle halbwegs vernünftigen Menschen diesen Stil so fluchtartig hinter sich gelassen haben wie die Russen das arme Pyramiden. Thomas Winkler

■ Efterklang: „Piramida“ (4AD/Beggars Banquet/Indigo), live am 5. 12., Volksbühne ■ Yesterday Shop: „Yesterday Shop“ (Trickser/Broken Silence), live am 1. 12., Festsaal Kreuzberg