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Die Weinende

Wie machen Sie das?

Foto: getty images

Anne Patricia Nilles, 33, ist Schauspielerin. Sie hat gelernt, Gefühle zu steuern.

taz.am wochenende: Frau Nilles, Sie können auf Kommando weinen. Wie machen Sie das?

Anne Patricia Nilles: Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, beide emotionalisieren stark. Entscheidend ist die Steuerung: Entweder emotionalisiert man den Körper ausschließlich über die gedankliche Ebene, indem man an schreckliche Ereignisse denkt – oder man trainiert sich Körperbewegungen an, die einen Heulreflex auslösen.

Was bevorzugen Sie?

Für eine Rolle musste ich mal acht Stunden lang weinen. Wenn man dann ständig an schlimme Dinge denken muss, macht das einen fertig. Von dem Trip kommst du nicht mehr runter. Ich verwende deshalb eine Körpertechnik, den „fliegenden Charakter“: Immer wenn ich die rechte Schulter nach hinten ziehe – wenn sie also von mir „wegfliegt“ –, fließen Tränen.

Was steckt dahinter?

Bei dieser Bewegung fühlt mein Körper totale Verzweiflung. Alles „fliegt weg“, es gibt keinen Rückhalt mehr. Das löst den Heulreflex aus. Den Körper mit solchen Emotionen zu verknüpfen, ist aber harte Arbeit. Physische Übungen sind nur ein Element von vielen.

Wie üben Sie denn?

Ich laufe im Raum umher, werfe die Schulter zurück, höre in mich hinein und beachte das Echo. Sieht megadoof aus, erzeugt aber Emotionen.

Nutzen Sie die Technik manchmal auch privat?

Nein, viel zu anstrengend! Und ich bin auch zu ehrlich dafür. Ich würde keinen Weinkrampf vortäuschen, wenn mich etwa ein Kontrolleur mal ohne Fahrkarte erwischen würde. Eine Rolle ist eine Rolle, die sollte man besser nicht ins normale Leben übertragen.

Bestätigen nicht Ausnahmen die Regel?

Was das Weinen betrifft: nein! Ich bin sowieso nah am Wasser gebaut. Beim Zwiebelschneiden bringt mir selbst eine Taucherbrille nichts.

Interview David Joram

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