Angst vor Abriss in Neuenfelde: Der Zaun des Anstoßes

Die Neuenfelder befürchten, dass der Eigentümer die seit zehn Jahren leer stehenden Häuser ersatzlos abreißt. Der Wohnungskonzern versucht zu beruhigen

Zutritt verboten: Leerstehende Häuser werden in Neuenfelde jetzt mit Bauzäunen vor Besetzern geschützt Foto: privat

In Neuenfelde haben Bauzäune für Unruhe gesorgt: Die BewohnerInnen des Dorfes südlich der Landebahn des Flugzeugbauers Airbus befürchten, dass die Bauzäune den baldigen Abriss der seit zehn Jahren leerstehenden Häuser an der Hasselwerderstraße ankündigen. Zurückblieben dann womöglich nur Baulücken und ein noch trostloserer Dorfkern. Der städtische Wohnungskonzern Saga/GWG ist Eigentümer der Geisterhäuser und begründet die Maßnahme damit, die leeren Wohneinheiten mit den Zäunen vor Besetzung und Fremdnutzung schützen zu wollen, ehe mit der Sanierung oder Abriss begonnen werden könne.

Der Neuenfelder Ortsteil Rosengarten ist der letzten Erweiterung des Airbus-Werkes in Finkenwerder zum Opfer gefallen. Für die abermalige Start- und Landebahnverlängerung, damit auch die Frachtversionen des Riesenfliegers A380 landen können, kaufte die Stadt Hamburg den BewohnerInnen des Obstanbaugebietes im Jahr 2006 aus Angst vor Klagen die Häuser und Grundstücke ab. Bereits 2007 stellte sich heraus, dass sich die Frachtversion des A380-Supervogels zum Rohrkrepierer entwickelte und nie in Finkenwerder gebaut werden sollte. Die Landebahn wurde trotzdem verlängert.

Seither verwaltete die Saga im Auftrag des Landesbetriebes Immobilienmanagement und Grundvermögen die leerstehenden Gebäude. Es gab einen Hausmeister, im Winter wurden die Häuser zum Schutz vor Schwamm beheizt und im Sommer sogar auf den Grundstücken der Rasen gemäht. Eine Vermietung wurde jedoch aus Angst vor weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen vermieden. „Über eine Vermietung zu reinen Wohnzwecken kann erst entschieden werden, sobald die anhängigen Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Start- und Landebahnverlängerung rechtskräftig abgeschlossen sind“, hieß es noch 2010 aus der Finanzbehörde.

Erst langsam wurde wieder mit der Vermietung begonnen. Seit Juni 2015 befindet sich das gesamte Areal im Besitz der Saga/GWG. Passiert ist nicht viel. Fest steht nur, dass nach einer Bestandsaufnahme im Regionalausschuss Süderelbe im September vorigen Jahres nicht alle leerstehenden Gebäude von der Saga wirtschaftlich vertretbar saniert werden können.

Darum sorgen die Bauzäune in Neuenfelde für Verunsicherung. Denn: „Bisher sind keine Bauanträge oder Bauvoranfragen beim Bezirk eingegangen“, berichtet die Grüne Harburger Bezirksabgeordnete Gudrun Schittek. „Wenn jetzt 20 Häuser abgerissen werden, stellt sich jedoch die Frage, bleiben dann Baulücken bestehen, womit das gesamte Ortsbild verändert wird?“

Die Saga weist Befürchtungen über Tabula-Rasa-Aktionen zurück. „In Neuenfelde befinden sich derzeit drei Gebäude in der Modernisierung, zwei weitere werden Anfang dieses Jahres folgen“, sagt Sprecher Michael Ahrens. Derzeit stünden weitere 47 Wohneinheiten wegen des bevorstehenden Abbruchs oder einer umfangreichen Modernisierung leer, die vor unbefugtem Betreten durch Bauzäune geschützt werden sollen. „Diese Maßnahme erfolgte unabhängig vom weiteren Vorgehen mit den Gebäuden“, sagt Ahrens.

Die Saga/GWG befände sich in Gesprächen mit dem Bezirk Harburg bezüglich des Abrisses und Neubaus von Reihenhäusern. „Nach derzeitigem Stand planen wir den Neubau von 51 Wohneinheiten. Davon sollen rund ein Drittel mit öffentlicher Förderung finanziert werden“, sagt Saga-Sprecher Ahrens. Die Bewohner Neuenfeldes fühlen sich übergangen. „Warum werden wir nicht informiert und in die Entwicklung eines Konzeptes mit einbezogen“, beklagt eine Neuenfelderin im Gespräch mit der taz. Sie bleibt nach all ihren Erfahrungen skeptisch.

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