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Sven Hansen über den Besuch von Japans Premier in Pearl HarborKeine Versöhnung ohne Reue

Der Besuch des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Pearl Harbor auf Hawaii ist eine überfällige symbolische Geste. Vor 75 Jahren hatte Japan mit einem Überraschungsangriff fast die gesamte US-Pazifikflotte ausgelöscht und den Kriegseintritt der USA bewirkt. Abe sprach nun von Versöhnung. Doch Reue zeigte er nicht, von einer Entschuldigung ganz zu schweigen.

Deshalb ist Abes Besuch lediglich ein Schritt in die richtige Richtung, bleibt aber ungenügend. Und er wird leider dadurch hintertrieben, dass ein Minister aus seinem eigenen Kabinett am selben Tag den berüchtigten Yasukuni-Schrein in Tokio aufsuchte. Dort wird auch Japans Kriegsverbrechern gedacht. Deshalb provozieren Besuche japanischer Politiker dort stets Nippons Kriegsopfer. Das zum Schrein gehörende Museum rechtfertigt zudem Japans Angriff auf Pearl Harbor. Der rechtskonservative Abe selbst besuchte mehrfach den Schrein. Zunächst ließ er sich nicht einmal als Premier davon abhalten.

Abes Besuch in Peal Harbor bleibt weit von Willi Brandts Kniefall in Warschau entfernt. Denn statt historischer Größe steckt hinter Abes Versöhnungsgeste vor allem Kalkül. Es geht ihm darum, die strategische Verbindung mit den USA zu betonen. Das ist entscheidend sowohl gegenüber dem Rivalen China wie gegenüber Obamas Nachfolger Donald Trump.

Wichtig ist dem Falken Abe der Pearl-Harbor-Besuch auch innenpolitisch. Er will seinen politischen Gegnern entgegenkommen, die seinen Aufrüstungskurs und die von ihm angestrebte Verfassungsänderung zugunsten militärischer Auslandseinsätze ablehnen.

Ginge es Abe wirklich um Versöhnung, müsste er auf Korea und China zugehen. Japans Rechte hat nie den Angriff auf Pearl Harbor geleugnet. Umstritten ist die historische Bewertung. Das sogenannte Nanking-Massaker japanischer Truppen in der damaligen Hauptstadt China bestreiten Japans Nationalisten dagegen bis heute.

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