: Premierminister Key räumt seiner Familie Priorität ein
NEUSEELAND Nach acht Jahren als Regierungschef verzichtet John Key überraschend auf sein Amt
„Ich habe diesem Job alles gegeben.“ Mit diesen Worten kündigte Premierminister John Key seinen Rücktritt nach acht Jahren als Premierminister Neuseelands an. Selbst engste Vertraute wurden überrascht. Key erzählte sichtlich gerührt von der Last des Amts. „Meine Frau Bronagh verbrachte viele Abende und Wochenenden allein. Meine Tochter Stephie und mein Sohn Max mussten den Übergang von Teenagern zu jungen Erwachsenen bewältigen und zugleich wegen des Jobs ihres Vaters mit einem ungewöhnlichen Maß an Einmischung und Druck zurechtkommen.“
Der frühere Investmentbanker und Führer der konservativen Nationalpartei hatte 2008 nach nur wenigen Jahren in der Politik Labour-Premierministerin Helen Clark abgelöst. Seitdem erfreute er sich wachsender Beliebtheit. Obwohl der Multimillionär gelegentlich arrogant und überheblich wirkte, galt er als Mann des Volkes. Als Kind einer aus Europa geflohenen alleinerziehenden Jüdin, die als Putzfrau arbeitete und in einer Sozialwohnung lebte, war Key zum erfolgreichen Devisenhändler geworden.
Doch zuletzt schien sein Stern zu sinken. Sein Versuch, die vom „Union Jack“ geprägte Staatsflagge mit einem neuseeländischen Design zu ersetzen, scheiterte am Volk. Seiner Regierung wurde auch vorgeworfen, sich zu wenig um die Probleme einer wachsenden Zahl von Neuseeländern zu kümmern. So herrscht in Auckland dramatischer Wohnraummangel. Neuseelands Metropole gilt inzwischen als teuerster Immobilienmarkt der Welt. Auch Kinderarmut ist ein Problem. Dagegen loben Analysten das Wirtschaftswachstum, nicht zuletzt dank zunehmender Milchexporte nach China.
„Wenige Länder sind in der Finanzlage, in der wir uns befinden“, meinte Key am Montag. „Wir sind stark, wir haben Überschuss, wir wachsen, wir schaffen Jobs, uns geht es gut.“ Wahrscheinlicher Nachfolger wird sein Stellvertreter, Finanzminister Bill English. Vor Keys Rücktritt galt 2017 eine Wiederwahl der Nationalisten wegen seiner Beliebtheit als praktisch sicher.
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