: Sozialdemokrat wird neuer Staatspräsident
SLOWENIEN Der frühere Premier Borut Pahor siegt in der Stichwahl überraschend klar gegen den bisherigen Amtsinhaber Danilo Türk. Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit konservativer Regierung signalisiert
SARAJEVO taz | Dem Sozialdemokraten und ehemaligen Ministerpräsidenten Borut Pahor ist eine große Überraschung gelungen. Er ist neuer Präsident im Euroland Slowenien. Bei der Stichwahl gegen das amtierende Staatsoberhaupt Danilo Türk erzielte er am Sonntag 67 Prozent der Stimmen. Türk dagegen kam nur auf 33 Prozent der Stimmen.
Noch vor ein paar Wochen hatte Türk ganz weit vorne gelegen. Doch schon bei der ersten Runde hatte er an Stimmen verloren und ging als Zweitplatzierter in die Stichwahl. Weil sich die konservativen Wähler dann doch entschlossen, Pahor zu unterstützen, kam eine Zweidrittelmehrheit für ihn zusammen. Dabei wirkte sich die niedrige Wahlbeteiligung von 42 Prozent günstig für den Sieger aus. Denn viele Wähler aus dem linken Lager blieben offenbar den Urnen fern.
Viele Menschen sind seit Beginn der Wirtschaftskrise vor zwei Jahren enttäuscht. Zehntausende demonstrierten in den letzten Tagen vor der Wahl gegen die von der Regierung Janez Jansa geplanten Einschnitte. Die Proteste seien Ausdruck der Empörung wegen der Maßnahmen, die nur die unteren Schichten der Bevölkerung belasteten, erklärten Journalisten in Ljubljana.
Pahor hatte schon als Ministerpräsident mit Strukturreformen beginnen wollen. Eine von ihm vorgelegte Rentenreform wurde bei einer Volksabstimmung 2011 jedoch abgelehnt. Doch jetzt scheint ein Sparkurs unvermeidlich. So kündigte auch der Premier, Janez Jansa, der eine konservative Viererkoalition unter Einschluss der Rentnerpartei anführt, harte Einschnitte in das soziale Netz an, um den Haushalt zu konsolidieren. Andernfalls stehe Slowenien vor einem Bankrott. Jansa will das Haushaltsdefizit von 6 auf 3 Prozent reduzieren. Sein Vorschlag jedoch, auch die Renten zu kürzen, stieß auf Widerstand der Rentnerpartei. Um Slowenien einen erfolgreichen Sparkurs zu verordnen, braucht er angesichts der unsicheren Parlamentsmehrheit die Rückendeckung des Präsidenten. Sein Sieg sei „eine neue Hoffnung, eine neue Zeit“, sagte Pahor in einer ersten Reaktion. „Wir brauchen Vertrauen, Respekt, Toleranz und die Bereitschaft zuzuhören.“ Damit signalisierte er Bereitschaft zur Kohabitation. ERICH RATHFELDER
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