Polizei schickt Ultras nach Hause
Fußball IIDie Polizei hat beim Nordderby zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV 239 Werder-Ultras schon vor dem Spiel zurück nach Bremen geschickt. Fan-Projekt kritisiert Generalverdacht
Der Gästeblock im Hamburger Volksparkstadion war gut besucht beim Nordderby zwischen dem HSV und Werder Bremen – doch er sah trist aus, und er klang nicht so, wie ein Gästeblock normalerweise klingt. Es gab keine Fahnen, nicht die gewohnten Banner an den Zäunen und die koordinierten Gesänge fehlten auch. Denn die Bremer Ultras waren zum großen Teil nicht im Stadion. Die Polizei hatte sie bei der Anreise gestoppt, in Busse verladen und zurück nach Bremen gebracht.
Vom Spiel sahen die Ultras nichts, wie schon beim vorangegangenen Derby in Hamburg im April. Auch da hatte die Polizei den harten Kern der Bremer Fans am Stadionbesuch gehindert. Damals wie heute fühlen sich die Ultras ungerecht behandelt. Sie haben das Gefühl, dass die Hamburger Polizei sie grundsätzlich nicht im Stadion haben will.
Nachdem sie im April auf der Autobahn von der Polizei gestoppt worden waren, wählten die Ultras diesmal eine andere Route. Mit Bussen fuhren sie nach Ellerau in Schleswig-Holstein, von dort wollten sie die Bahn nach Hamburg nehmen. Noch im Bahnhof sollen einige Fans Überwachungskameras im Zug mit Aufklebern abgeklebt haben. Der Zugführer rief die Polizei. Diese nahm die Personalien von 239 Fans auf und schickte sie in Bussen zurück nach Bremen. Als Rechtfertigung verwies die Polizei auf die angebliche Gewaltbereitschaft der Ultras und berichtete von sichergestellten Böllern, Sturmhauben und kleinen Mengen Marihuana.
Bei den Betroffenen löst das Vorgehen Empörung aus. Sie vermuten, dass die Polizei nur nach einem Vorwand gesucht habe, um ihnen die Fahrt zum Derby zu verwehren. „Es war schnell klar, dass es gar nicht um Kontrolle ging, sondern darum, uns festzusetzen“, sagt ein Bremer Fan, der nach eigenem Bekunden in Ellerau dabei war. Er bestreitet, dass die Gruppe gewaltbereit gewesen ist. Die Fans, die die Kameras abgeklebt hätten, seien zur Vernunft gerufen worden, einer Weiterfahrt habe nichts im Weg gestanden.
„Wir sind davon ausgegangen, dass uns die Polizei zum Stadion bringt. Es ist ja nichts vorgefallen“, sagt er. Doch die Beamten sahen das anders und transportierten die Gruppe zurück nach Bremen. Auf der Rückfahrt seien einige Ultras von Polizisten beleidigt und provoziert worden, sagt er.
Auch das Bremer Fan-Projekt hat kein Verständnis für die Polizei. „Diese Art von kollektiven Präventionsmaßnahmen finde ich fatal, weil sie jugendliche Fußballfans unter Generalverdacht stellt“, sagt Daniel Behm, ein Mitarbeiter der Einrichtung. Die Fans verlören ihren Glauben an den Rechtsstaat und dessen Vertreter.
Das Verhältnis zwischen Ultras und der Polizei sei schlecht, grundsätzlich. Die Feindbilder würden sorgsam gepflegt. Und sie verfestigten sich durch Vorfälle wie beim Nordderby jetzt oder im April. So sieht Behm das. „Ich weiß nicht, wie ich jungen Leuten noch vermitteln soll, das nicht alle Polizisten scheiße sind, wenn sie zweimal so eine Nummer erlebt haben“, sagt er. Hendrik Buchheister
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