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Wer darf nun im White Trash tanzen?

Nachtleben Umzug des Festsaals Kreuzberg in den Treptower Szeneclub droht zu scheitern

Das Verwirrspiel um zwei namhafte Berliner Clubs, es ging bereits vor einer Woche los. „Der Festsaal ist zurück“, hieß es da in einer Pressemitteilung der Crew des ehemaligen Festsaals Kreuzberg – die altehrwürdige Location, einst kottinah an der Skalitzer Straße angesiedelt, war im Juli 2013 ausgebrannt, seit Längerem suchte man einen neuen Standort.

Der sei nun gefunden, so die Macher um Björn von Swieykowski. Mit einem Zusammenschluss von Veranstaltern und Kulturschaffenden übernehme man das insolvente Rock-’n’-Roll-Clubrestaurant White Trash auf dem Arena-Gelände in Treptow. Man habe sich mit dem Insolvenzverwalter des White Trash, Udo Feser, geeinigt. Das Lokal und alle Arbeitsplätze blieben dabei in alter Form erhalten, die angrenzende Halle wolle man für die bewährte Festsaal-Mixtur aus Konzerten, Lesungen und Shows nutzen. Der Name solle bestehen bleiben: ein Festsaal Kreuzberg auf Treptower Boden.

Nur blieb es nicht bei der einen Mitteilung in dieser Sache. Am Wochenende erklärte Noch-White-Trash-Inhaber Walter „Wally“ Potts, die Ankündigung sei voreilig gewesen, man befinde sich noch in Verhandlungen. Es gebe für das White Trash zwei andere Bieter, die höhere und bessere Angebote vorgelegt hätten. Eine sei die Flutgraben Live GmbH (ein Unternehmen im Umfeld des Radiosenders FluxFM) – ein „gut vernetzter und finanzstarker Partner“, den er wohl lieber als neuen Besitzer sähe. Unterschrieben sei außerdem noch nichts, die Gläubiger hätten noch nicht zugestimmt. „Offensichtlich sollen hier abseits des geordneten Verfahrens schnell Fakten geschaffen werden.“

Was denn nun? Jurist Udo Feser ist Insolvenzverwalter des White Trash, seit die Pleite des Clubs Ende April bekannt wurde. Er zeigt sich am Telefon verwundert über Potts’ Äußerungen, denn der Zuschlag für den Festsaal sei mit dem White-Trash-Macher abgestimmt gewesen. Im Laufe des Sommers, so Feser, habe sich herausgestellt, dass das ohnehin hoch verschuldete Lokal immer noch monatlich fünfstellige Verluste verzeichne – es brauchte also dringend einen neuen Betreiber, „eine Insolvenz innerhalb der Insolvenz ist schwierig“. So setzte Feser eine Frist bis 10. November, innerhalb deren Angebote vorgelegt werden konnten.

Wally sorgt für Verwirrung

Es gab drei Bieter zum Ablauf der Frist, darunter auch die Flutgraben Live GmbH. Das lukrativste Angebot aber kam von der Gruppe um den Festsaal, die Potts selbst in den Monaten zuvor ins Spiel gebracht hatte. Feser sagte ihnen also zu, unter dem Vorbehalt, dass die Gläubiger bei einer für Anfang Dezember angesetzten Versammlung zustimmten – normalerweise eine Formalie. Auch der Eigentümer des Gebäudes sei einverstanden – er wollte die Location als Kulturstandort erhalten.

In der Zwischenzeit aber hat Potts offenbar weiter mit den Bietern verhandelt. Wenn die Angebote nun höher lägen, so hätten die Interessenten sie erst nach Ablauf der Frist erneuert, so Feser. Ein höherer Kaufpreis wäre natürlich in Potts’ Sinne – aber so ganz ist nicht klar, woher sein später Sinneswandel rührt, nun andere Betreiber zu bevorzugen. In der Presseerklärung mutmaßte er, die Festsaal-Betreiber könnten das Restaurant über kurz oder lang doch schließen und nur einen Konzertort betreiben. Aber seine Rolle als Gesellschafter des White Trash wäre Potts so oder so los. Er sagt zu alldem derzeit nichts.

Auch die Festsaal-Macher äußern sich nicht weiter, zeigen sich aber zuversichtlich, offiziell noch den Zuschlag zu bekommen. Das Ganze mutet an wie eine Szeneposse, könnte aber die fatale Folge haben, dass für den Festsaal die seit Jahren andauernde Standortsuche weitergehen wird. Jens Uthoff

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