: Rot-Schwarz steht unter Strom
ENERGIE Die Regierungsfraktionen stellen ihre Eckpunkte für ein neues landeseigenes Stadtwerk vor, das Berlin mit Ökostrom beliefern und das Volksbegehren abwenden soll
FLORIAN GRAF, CDU
VON SEBASTIAN HEISER
Berlin soll ein landeseigenes Stadtwerk bekommen, das langfristig die ganze Stadt mit Ökostrom versorgt. „Wir gestalten die Energiewende und stärken die Daseinsvorsorge“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh am Mittwoch. Die rot-schwarze Koalition übernimmt damit einen guten Teil der Forderungen der Initiative Energietisch. Sie hofft, dass diese mit ihrem Konzept einverstanden ist und darauf verzichtet, 170.000 Unterschriften für eine landesweite Volksabstimmung zu sammeln.
Die Stadtwerke sollen als Tochtergesellschaft der BSR gegründet werden. Das Unternehmen soll Ökostromanlagen kaufen oder bauen und den Strom vertreiben. Für einen nicht näher definierten Übergangszeitraum soll auch Strom aus dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erlaubt sein.
Wie viel Eigenkapital die Stadtwerke brauchen und woher das Geld kommen soll – das ist alles noch ungeklärt. „Dazu haben wir keine Vorstellung. Der Senat muss jetzt ein Konzept entwickeln“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Florian Graf. Das Unternehmen solle jedenfalls „wirtschaftlich arbeiten“, also kein dauerhafter Verlustbringer für den Landeshaushalt sein. Genau diese Vorgabe wird es allerdings auch erschweren, den Berlinern ein attraktives Angebot zu machen. Denn die neuen Stadtwerke müssen auf dem freien Markt um Kunden werben, sie konkurrieren dabei mit allen anderen Stromanbietern. Zusätzlich sollen sich die Stadtwerke, so fordert es die Koalition, auch noch für die Senkung des Stromverbrauchs bei ihren Kunden einsetzen und Tipps zum Energiesparen geben.
Parallel zur Gründung der Stadtwerke soll sich die ebenfalls landeseigene „BerlinEnergie“ an der Ausschreibung für die Ende 2014 auslaufende Konzession für die Stromnetze beteiligen. Die Koalition geht damit auf Forderungen des Energietischs ein. „Das ist eine neue Kultur des Umgangs mit Volksinitiativen“, sagte Graf. „Das ist eine Politik der ausgestreckten Hand und nicht der Konfrontation.“
Eine Forderung will die Koalition aber nicht übernehmen. Nach Vorstellungen des Energietischs sollte es einen 15-köpfigen Verwaltungsrat geben, von dem sechs Mitglieder von allen Berlinern gewählt werden. Das ist „nicht praktikabel“, findet Saleh. Denn was für die Stadtwerke gelte, müsse dann auch für andere landeseigene Unternehmen gelten. Saleh: „Dann müssten regelmäßig Dutzende Wahlen stattfinden.“ Die Koalition will daher, dass das Parlament selbst die Mitglieder des Verwaltungsrates wählt.
„Wir prüfen die Vorschläge gerade intensiv“, meint Stefan Taschner vom Energietisch. Er könne noch nicht sagen, ob die Initiative mit dem Paket insgesamt einverstanden ist – oder ob man beginnen will, Unterschriften zu sammeln. Am Mittwoch kommender Woche soll das Thema auf dem nächsten Plenum des Energietischs besprochen werden.
Als Vorbild für das Stadtwerk nannten Saleh und Graf die Stadt Hamburg. Dort hatte die schwarz-grüne Koalition den kommunalen Ökostromanbieter „Hamburg Energie“ gegründet, der innerhalb von zwei Jahren 60.000 Kunden gewann. Ab 2013 wird das Unternehmen zudem alle städtischen Behörden, Theater und Schulen mit Strom versorgen.