Rudolf Balmer über den grünen Spitzenkandidaten in Frankreich: Verpasste Chance
Die französischen Grünen (EELV) haben ihren Präsidentschaftskandidaten nominiert. Yannick Jadot hat langjährige politische Erfahrung. Dennoch sagt der Name des Europaparlamentariers auch in Frankreich vielen überhaupt nichts. Und die Nachricht seines Siegs in einer Stichwahl gegen seine Parteikollegin Michèle Rivasi ging für die meisten ohnehin schlicht unter. Das ist nicht einfach die Schuld der Journalisten, die diesem Ereignis zu wenig Beachtung schenken, sondern auch das Resultat eines parteipolitischen Misserfolgs. Den französischen Grünen ist es nicht gelungen, in der politischen Landschaft Frankreichs mehr als eine Hilfskraft der Linken zu werden.
Ihre Vorschläge zu Klima- und Umweltfragen sind längst kein „grünes“ Exklusivangebot mehr. Alle reden viel darüber, aber tun herzlich wenig. Dennoch schwindet aufgrund dieser Konkurrenz die Nachfrage oder sogar schon das Interesse für eine Partei, die aus jenen Herausforderungen für die Menschheit von Anfang an und etwas zu exklusiv ihre Existenzberechtigung gemacht hatte.
Seit ihren ersten Tagen haben sich die französischen Grünen aber auch in internen Linienkämpfen, ideologischen Streitereien und persönlichen Machtkämpfen ermüdet und letztlich unglaubwürdig gemacht. Das wurde durch das taktische Hin und Her in der Bündnispolitik – zwischen kritikloser Regierungsmitarbeit zu Beginn und Opposition zuletzt – nicht besser.
EELV ist heute die Abkürzung für eine Kleinpartei mit verpassten Chancen. Statt eine glaubwürdige Alternative zu den regierenden Sozialisten zu werden, kämpfen die Grünen ums Überleben, und es ist nicht sicher, ob ihnen die Kandidaten-Solonummer für die Zukunft einen sonnigeren Platz in der politischen Landschaft Frankreichs sichern kann. Wahrscheinlicher ist es, dass die EELV mit der separaten Präsidentschaftskandidatur die bereits geringen Erfolgsaussichten der gespaltenen Linken im Mai 2017 noch zusätzlich schmälert.
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