LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Eine Katze. Wie niedlich

betr.: „Streit wird dort gezähmt“, taz vom 3. 11. 16

Ich wünsche eine stärkere Einbeziehung der Bürger, meinetwegen in Form von Volksentscheiden. ABER (und das ist extra groß geschrieben) ich habe ein Problem damit, wenn es darum geht, den dann entscheidenden Bürgern alle notwendigen und richtigen (lies: wahren) Informationen zukommen zu lassen.

Die New York Times hat in einem heutigen Artikel zusammengefasst, wo heutzutage das Problem sitzt: das Überangebot der Meinungen im Internet mit einem Unterangebot der Möglichkeit, die Meinungen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen zu können. Oder zu wollen. Da der Mensch bequem ist, übernimmt er Meinungen, die in das eigene Weltbild passen und wo sich am wenigsten innerer Widerstand bildet oder Reflektion notwendig ist. So wie das sehr komplexe Thema Brexit am Ende auf ein emotionales „ja/nein?“ heruntergewürgt wurde, so wie in den USA der Wahlkampf läuft und so wie man weltweit im Zeitalter des „postfaktischen“ angekommen ist, so wenig möchte ich momentan wichtige Entscheidungsprozesse quasi in den Händen eines Internetmobs wissen, wo die Lautstärke der überbrachten Nachricht wichtiger ist als der Inhalt. Alternativ sind eine Menge Bürger auch nicht willens, sich im Internet über komplexe Sachverhalte zu informieren. Und erst recht nicht, wenn es um Politik geht. Oder anders ausgedrückt: Möchten Sie die Atomraketen jetzt abfeuern? Klicken Sie „Ja“ oder „Nein“. Oh! Eine Katze! Wie niedlich! Worum ging’s? (KLICK_AUF_JA)

UDO SIEBRASSE, Gelsenkirchen

Auf Diplomatie setzen

betr.: „Bundeswehr bleibt in UN-Chaostruppe“, taz vom 3. 11. 16

Warum dieses Mandat verlängert werden soll, ist mir mehr als schleierhaft! Wenn die Bundesregierung wirklich am Frieden in der Welt interessiert ist, dann sollte man auf humanitäre Hilfe setzen und keine Militäreinsätze verlängern wollen! Wer Frieden in der Welt will, sollte ein klares Nein zu Rüstungsexporten und sogenannten friedlichen Militäreinsätzen sagen und auf Diplomatie setzen! RENÉ OSSELMANN, Magdeburg

Mehr als Fantasie

betr.: „Ceta wisch & weg“, taz vom 2. 11. 16

Dies einmal vorweg: Das ist eine coole Überschrift . Treffend ist auch die Kritik an Katrin Bensch. Das ist aber leider auch schon fast alles, was sich lobend über den Artikel sagen lässt.

Wir haben das Kapitel 8 des Ceta-Vertrags gelesen, ebenso wie 101 Rechtsprofessorinnen und -professoren aus ganz Europa. Campact und viele andere NGOs haben in jahrelanger Arbeit zahlreiche internationale Schiedsgerichtsverfahren recherchiert und die Urteilsgründe ausgewertet. Die Ergebnisse haben wir als Studien veröffentlicht. Wir haben unter anderem festgestellt, dass Bergbau- und Energiekonzerne zu den klagefreudigsten Branchen zählen. Wir haben festgestellt, dass die Argumentation, derer sie sich bedienen, auch unter den Gummiparagrafen des Ceta-Kapitels 8 vorgebracht werden könnte. Wir haben wahrgenommen, dass die kanadische Agro-Gentech-Branche sich über den Abschluss von Ceta freut. All das ist mehr als „Fantasie“.

Wir haben belegbare Gründe für eine konkrete Befürchtung.

Ceta gibt ausländischen Investoren die Möglichkeit zu klagen, wenn sich die Geschäftsbedingungen im Land ihrer Investitionen ändern. Dies kann beispielsweise ein Frackingmoratorium sein. Und ja: Exxon könnte ein Kläger sein.

Einmal kurz in den Vertragstext gucken und dann rasch eine Meinung äußern – so einfach solltet ihr es euch nicht machen.

MARITTA STRASSER, Berlin

Immer das gleiche Muster

betr.: „Mehr Mut wagen“, taz vom 2.11. 16

Despoten überleben nur, weil sie einen größeren aktiven Teil ihrer Bevölkerung hinter sich versammeln. Erdoğan spielt Intellektuelle und Minderheiten, wie den kurdischen Teil der Bevölkerung in der Türkei, gegen eine vermeintliche „Mehrheit“ aus, um seine Macht nach innen abzusichern: Kritische Stimmen wirken für ihn nur zersetzend. Bis zu den vorletzten Wahlen konnte sich die AKP unter einem Mäntelchen der Demokratie durchsetzen, nach den letzten Wahlen drohte das Chaos, vor allem, weil sich der Anspruch der erstarkten Minderheiten auf mehr Transparenz und gegen Korruption nicht mit dem Regierungshandeln Erdoğans vereinbaren ließ. Immer das gleiche Muster: Der Parlamentarismus gibt ein schwaches Bild ab, ein starker Mann bietet sich an, um den Volkswillen besser zu vollstrecken. Kritiker und Intellektuelle, Gewerkschafter sind da nur lästig und müssen ausgeschaltet werden. Gute Bedingungen für Unternehmer und „Partner“ wie Angela Merkel, die sich das Flüchtlingsproblem vom Hals halten will. DIETMAR RAUTER, Kronshagen