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KUNST

KunstNoemi Molitorschaut sich in Berlins Galerien um

Die Quasifiguren, die das Auge beim Betrachten von Dominik Steiners Farbfeldern zusammensetzt, scheinen über sich selbst belustigt, amüsiert von der zufälligen Art und Weise, in der sie entstanden sind. Die Einzelausstellung „Die Meisten … bei Nacht und Nebel“ in der Kienzle Art Foundation zeigt unter anderem die großformatige Arbeit „Shmuk-­Shmuk 16“ (2016): abstrakte Rundungen in Weiß auf grünem Untergrund werden beim Herantreten zum liegenden Akt eines zarten Gespensterwesens. Dass im Mischtechnikverfahren aus Grundierweiß, Ölkreide und Tinte auch Bleiche eine Rolle spielt, unterstreicht das Geisterhafte der Figur, verleiht ihr etwas Comichaftes, das gleich im nächsten Bildnis auf die Spitze getrieben wird. Zwei gesichtslose Gestalten, man will sie „Blob und Bob“ nennen, sind allein durch ihre Körperneigung in ein scheinbar kontemplatives Zwiegespräch vertieft.

Die rasch überpinselten Farbschichten, die den gänzlich ins Abstrakte gekehrten Arbeiten beigegeben sind, die hier zu sehen sind, verdecken unterliegende Gesichter und andere Dinglichkeiten dagegen gänzlich. Die ovalen Gebilde auf „o. T./against all odds“ (2016) erinnern gar an Richard Artschwagers „Blps“ und treten je nach Betrachtungswinkel ins Innere der Bildfläche zurück oder aus ihr hervor.

Was sich im Malerischen subtil abspielt, schreit aus Steiners Collagen heraus. Unerwartet der Switch in Darstellungsweise und Bildinhalt hin zum Bunten, Lauten. Gefrorene Hühnchen, aus einer Katzenfellvorlage ausgeschnitten, sind vor Konvexfolie geschichtet. Auch hier also das Spiel mit den Wölbungen, nur eben in poppiger Form (bis19. 11., Do.–Fr. 14–19 Uhr, Sa. 11–16 Uhr, Bleibtreustr. 54).

Ausschließlich in Schwarz-Weiß dagegen die Öl-auf-Jute-Gemälde von Friedrich Lissmann in der Galerie Lars Friedrich. „Early paintings of late friends“ hat Lissmann seine Abbildungen von Menschen, Raum­ecken und Stadtsilhouetten genannt. Zeitsprünge könnte es dem Titel nach also geben, vielleicht Freunde, die erst spät ins eigene Leben gekommen sind. Und tatsächlich spielt sich mit diesen Andeutungen etwas Eindringliches ab, das die schnell aufgespachtelten Porträts zunächst nicht erwarten lassen. Die „Türen“ oder, genauer gesagt, teilweise erleuchteten Ecken hinter Wandvorsprüngen sind hier nämlich buchstäbliche Assoziationsräume. Denn während die Porträts ohne Titel bleiben, tragen die Raumwinkel aus Licht und Schatten Menschennamen. „Late“ kann im Englischen auch kürzlich Verstorbene bezeichnen. Ihnen wären dann die Türen gewidmet, Portale vielleicht (bis 12. 11., Do.–Sa., 13–18 Uhr, Kantstr. 154a).

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