piwik no script img

Nachts, wenn die lauten Züge rollen

Mobilität Der Schienenverkehr soll leiser werden. Gesetz geht Grünen nicht weit genug

BERLIN dpa/taz | Um Anwohner von Bahnstrecken vor Zuglärm zu schützen, will die Bundesregierung von Dezember 2020 an keine lauten Güterwagen mehr auf die Schienen lassen. Ein entsprechender Gesetzentwurf sei bereits zwischen den Ministerien abgestimmt, teilte das Bundesverkehrsministerium am Donnerstag mit.

„Mit dem Fahrverbot für laute Güterwagen setzen wir einen zusätzlichen Anreiz, Altfahrzeuge umzurüsten, und schützen die Anwohner von Güterverkehrsstrecken wirksam vor Schienenlärm“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

So solle die Akzeptanz für den Güterverkehr auf Schienen gesteigert werden. „Für Menschen, die nachts permanent hohen Schalleinwirkungen ausgesetzt werden, sind die Risiken gesundheitlicher Beeinträchtigungen signifikant erhöht“, heißt es im Gesetzentwurf, mit dem Vereinbarung des Koalitionsvertrags umgesetzt werden soll.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Fahrverbot für Güterwagen, die einen Lautstärke-Höchstwert überschreiten, ab dem Fahrplanwechsel zum 13. Dezember 2020 gelten. Wagen könnten auf leise Bremssohlen umgerüstet werden, damit sie die Lärmschutzgrenzwerte einhielten. Bei Verstößen droht demnach ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Die Grünen im Bundestag kritisierten, dass Dobrindt seine Ankündigungen nicht einhält, weil unter anderem Ausnahmen vom Verbot vorgesehen sind. „Das Versprechen des Koalitionsvertrags wird nicht eingelöst. Statt eines klaren Verbots soll es lediglich Tempodrosselungen für laute Güterwagen geben“, sagte der Bahnexperte der Fraktion, Matthias Gastel. Führen laute Güterwagen jedoch langsamer, steige die Gefahr, dass leise Wagen und der Personenverkehr ausgebremst würden. Nötig sei, alle lauten Güterwagen auf dem gesamten deutschen Schienennetz zu verbieten. „Und wir brauchen eine viel stärkere Spreizung der lärmabhängigen Trassenpreise“, forderte Gastel.

Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup warf Bundesverkehrsminister Dobrindt vor, beim Schienen- und Autoverkehr mit zweierlei Maß zu messen. „Während er völlig zu recht überschrittene Grenzwerte beim Schienenlärm mit Verboten ahnden will, lehnt er eben solche bei zu schmutzigen Autos empört ab“, sagte Austrup. Das sei „nicht glaubwürdig“, kritisierte er.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen